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Kanzler im oe24.TV-Sommertalk

Kern: FPÖ nicht im Wertekompass

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Am Mittwochabend war Christian Kern im ersten oe24.TV-Sommergespräch zu Gast.

Am Mittwochabend war Christian Kern im ersten oe24.TV-Sommergespräch zu Gast. ÖSTERREICH-Herausgeber Wolfgang Fellner und Politik-Insiderin Isabelle Daniel sprachen mit dem SPÖ-Chef.

 

Kern: »Kein Vollholler, aber größtmöglicher Unsinn«

ÖSTERREICH: Sind Sie angefressen, dass Kurz Neuwahlen vom Zaun brach? Sie haben sicher auch oft daran gedacht …

Christian Kern: Nein, ich dachte gar nicht daran. Ich hätte viele gute taktische Möglichkeiten gehabt. Aber habe es am Ende des Tages nicht getan, weil mir das Interesse Österreichs wichtiger war. Es gab eine Situation, da wurde es wirklich eng. Das war, als wir die Regierungsverhandlungen Ende Jänner geführt haben und der Innenminister sich geweigert hat, das Programm zu unterzeichnen.

ÖSTERREICH: Sie haben ­gewarnt, dass nach einem Bruch eine Neuauflage von Rot-Schwarz nur mehr schwer möglich ist. Wie tot ist die Koalition eigentlich?

Kern: So eine lange Partnerschaft verbindet, aber das Tischtuch wurde willkürlich zerschnitten. Unser Verständnis war es weiterzuarbeiten. Man sieht, was zuletzt alles möglich war.

ÖSTERREICH: Ist Rot-Grün-Neos Ihre Wunschkoalition?

Kern: Auch wenn wir Erster sind, gibt es keine Garantie, dass wir die Regierung stellen, weil die Vorbereitungen zu Schwarz-Blau schon gewisse Dimensionen angenommen haben. Solange die FPÖ mit Marine Le Pen in einer Fraktion sitzt, ist sie jedenfalls kein Partner. Sie ist derzeit nicht im Wertekompass. Natürlich will ich eine progressive Mehrheit der Mitte. Zu weit rechts und zu weit links ist mir nicht recht.

ÖSTERREICH: Sie haben gesagt, es wird nur eine neue Form der Regierung geben …

Kern: Dass wir fortsetzen, was ich in den letzten 13 Monaten erlebt habe, schließe ich aus.

ÖSTERREICH: Was ist denn da überhaupt misslungen?

Kern: Mit Reinhold Mitterlehner hatte ich eine gute Gesprächsbasis. Er wollte vieles umsetzen, aber wurde auch nach allen Regeln der Kunst abmontiert.

ÖSTERREICH: Von wem?

Kern: Diese Leute haben sich ja dann selbst geoutet. Es ging darum, ihn durch Sebastian Kurz zu ersetzen.

ÖSTERREICH: Wann haben Sie das gemerkt?

Kern: Der Knackpunkt war die Bestellung der Rechnungshofpräsidentin.

ÖSTERREICH: Ein weiterer Tiefpunkt war Ihr „Vollholler“-­Sager.

Kern: Das war eine falsche Darstellung. Wir sind uns einig, dass illegale Einwanderung auf null begrenzt werden muss. Aber das ist ein ernstes Thema. Da sollte man den Österreichern die Wahrheit sagen. Es ist der größtmögliche Unsinn, den Leuten einzureden, dass man das mit einem Fingerschnippen löst.

ÖSTERREICH: Wie ist Ihr persönliches Verhältnis zu Kurz?

Kern: Wir haben eine sehr professionelle Beziehung. Auf dieser Ebene schätze ich ihn sehr wohl.

ÖSTERREICH: Sie haben den Sozialpartnern bis Ende Juni Zeit gegeben, sich auf einen Mindestlohn von 1.500 Euro zu einigen. Kommt da noch was?

Kern: Partiell haben sie was zusammengebracht, aber im Großen und Ganzen nicht. Darum müssen wir den Druck erhöhen. Es kann nicht sein, dass jemand 40 Stunden arbeitet und davon nicht leben kann. Ich will auch eine Steuerbefreiung auf dieses Niveau. Und wenn ich sage, für die ersten 1.500 Euro verlange ich keine Steuer mehr, ist das ja nicht nur eine Entlastung für diese Leute, sondern auch für alle anderen im Land.

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