"Dialog im Vordergrund"

Kurz: Das ist sein Programm für den OSZE-Vorsitz

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Radikalisierung und Extremismus "größte Bedrohungen".

Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) hat am Freitag beim OSZE-Ministerrat in Hamburg die Prioritäten des österreichischen Vorsitzes in der paneuropäischen Sicherheitsorganisation 2017 dargelegt. "Für uns steht bei allen Konflikten der Dialog im Vordergrund", sagte Kurz vor den Außenministern der anderen 56 Mitgliedstaaten der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE).

Er wolle mit allen OSZE-Staaten und Partnern zusammenarbeiten, betonte Kurz. "Wir alle wissen, in der OSZE kann man nur gemeinsam Erfolge erzielen." Dabei wolle er vor allem an einer Stärkung des Vertrauens arbeiten. "Ein Mehr an Sicherheit kann es nur mit einem Mehr an Vertrauen geben", sagte er mit Blick auf die tiefe Spaltung zwischen Russland und dem Westen, die auch beim Hamburger Treffen wieder offenbar geworden ist.

Gegenseitige Vorwürfe "wie aus den Geschichtsbüchern"

"Das Blockdenken hat wieder Hochkonjunktur", beklagte Kurz. "Man hört gegenseitige Vorwürfe, die junge Menschen wie ich in ihrer Sprache und Tonalität nur aus den Geschichtsbüchern kennen." Doch "gerade in dieser schwierigen Phase" komme der OSZE "eine zentrale Bedeutung" zu, schloss sich der Außenminister der Aussage des scheidenden OSZE-Vorsitzenden Frank-Walter Steinmeier (Deutschland) an, wonach die Organisation als eines der wenigen Dialogforen zwischen dem Westen und Russland heute wichtiger sei denn je. Kurz hatte im Vorfeld des Treffens in einem APA-Interview betont, dass er auf Russland zugehen wolle, obwohl dieses durch die Annexion der Krim "rote Linien überschritten" habe.

"Wir alle müssen einen Beitrag zur Wiederherstellung von Sicherheit und Stabilität leisten", appellierte der Außenminister vor seinen OSZE-Amtskollegen. Österreich wolle dies tun, indem es zur Konfliktentschärfung auf Dialog setze und versuche, das Vertrauen zu stärken. "Eines ist auch klar: Es kann keine militärischen Lösungen für die bestehenden Konflikte im OSZE Raum geben - sei es in der Ostukraine, Berg-Karabach, Georgien oder Transnistrien."

Eigene Akzente will der österreichische Vorsitz im Bereich innere Sicherheit setzen, indem er den Kampf gegen Radikalisierung und Extremismus zu seinem dritten Schwerpunkt macht. Radikalisierung und politischen Extremismus zählen für Kurz zu den "größten Bedrohungen und Herausforderungen für Europa". Hier müsse man sich mit dem Phänomen beschäftigen, warum vor allem junge Menschen davon betroffen seien. Die OSZE-Staaten sollen "gemeinsam best practices entwickeln, um diesen Gefahren entschlossen entgegentreten zu können".

Kurz bekannte sich in seiner Rede auch demonstrativ zum OSZE-Büro für Demokratische Institutionen und Menschenrechte (ODIHR), der Vertreterin für Medienfreiheit und der Hochkommissarin für nationale Minderheiten. Sie leisten "einen wichtigen Beitrag zum Schutz und zur Bewahrung der Grundrechte". Nicht nur Russland und einigen autoritär regierten Ex-Sowjetstaaten sind die Menschenrechtsorganisationen der OSZE ein Dorn im Auge. Auch der ungarische Außenminister Peter Szijjarto hatte am gestrigen Donnerstag die "politische Korrektheit" kritisiert und die Frage aufgeworfen, ob im Bereich der Grundwerte alle Staaten über einen Kamm geschoren werden können.

Appell an OSZE-Staaten

Kurz appellierte an die OSZE-Staaten, die Organisation weiterhin mit ausreichend finanziellen Mitteln auszustatten. "Eine handlungsfähige Organisation braucht ein akzeptables Budget", sagte er mit Blick auf die laufenden und bereits von Österreich geführten Budgetverhandlungen für das Jahr 2017.

Der scheidende OSZE-Vorsitzende Frank-Walter Steinmeier dankte seinem Nachfolger dafür, dass er "illusionsfrei" an die Tätigkeit herangehe. Steinmeier hatten die Delegierten mit einem langen Applaus für sein Schlussstatement gedankt. Darin hatte er in Abwandlung eines Ausspruchs des legendären deutschen Bundeskanzlers Helmut Schmidt ("Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen") mehr Weitblick von den OSZE-Staaten gefordert. "Wer in einer solchen Zeit, in der wir leben, keine Vision und keinen Kompass für die Zukunft hat, dem kann auch kein Arzt helfen", betonte Steinmeier.

Mit dem Hamburger Ministerrat geht der deutsche OSZE-Vorsitz faktisch zu Ende. Der österreichische Vorsitz beginnt offiziell am 1. Jänner. Kurz will am 12. Jänner im Ständigen Rat der OSZE, der wöchentlich in der Wiener Hofburg tagt, das detaillierte Arbeitsprogramm des Vorsitzes präsentieren.

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