ÖSTERREICH

Kurz: "FP-Verbrechen an Steuerzahler"

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VP-Minister Kurz spricht in ÖSTERREICH über Hypo und VP-Probleme.

Ausländische Botschafter berichten von einem „glänzend vorbereiteten“ Außenminister. UNO-General Ban Ki-moon lobte gar die „Energie“ des jüngsten Außenministers der Welt. Und in der Heimat ist Sebastian Kurz mittlerweile der unangetastete Umfrageliebling. Keine Frage, der 27-jährige Integrations- und Außenminister ist der schwarze Star der Regierung. Sein Erfolgsgeheimnis? „Ich bleibe, wie ich bin“, meint er im ÖSTERREICH-Interview.

Tatsächlich scheint der VP-Shootingstar trotz der frühen hohen Weihen stets auf dem Boden zu bleiben: Er ist höflich, er bereitet sich akribisch auf Termine vor und versucht, nicht in den üblichen Politikersprech zu verfallen. „Aber er überzieht auch nicht“, sagt ein Politikerkollege.

Loyalität.
Und so scheint er etwa genau zu wissen, dass er noch Zeit hat und braucht, um ganz an die Spitze zu klettern.

VP-Chef Michael Spindel­egger stärkt er demonstrativ immer wieder den Rücken. Ein „Angebot“, die ÖVP zu übernehmen, würde er – da sind sich alle Kenner des Wieners einig – „niemals annehmen“.

Aus den Niederungen der heimischen Parteipolitik hält er sich ebenfalls heraus. Ein wohl klarer Vorteil. Nur gegen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache findet er im ÖSTERREICH-Interview ungewöhnlich scharfe Worte: Dieser solle sich in Sachen Hypo nicht „als Retter aufspielen“, seine FPÖ „habe ein Verbrechen an den Steuerzahlern begangen“.

ÖSTERREICH: Die EU reagiert relativ scharf auf das Schweizer Abstimmungsergebnis „gegen Masseneinwanderung“. Zu Recht?
Sebastian Kurz: Ich bin überzeugt, dass man jedes Abstimmungsergebnis respektieren muss. Das gilt auch für jenes in der Schweiz. Aber es geht hier ja nicht um Armutszuwanderung, sondern um Zuwanderer aus der EU, also steuerzahlende Deutsche, Italiener oder Österreicher. Daher muss auch klar sein, dass das auch eine Veränderung der Beziehungen zwischen der EU und der Schweiz bedeutet. Das hat nichts mit Sanktionen, sondern einfach mit den Verträgen zu tun. Da kann man nicht nur einzelne Punkte rausnehmen und gleichzeitig erwarten, dass der Rest bestehen bleibt.

ÖSTERREICH: Was heißt das konkret? Was wird die EU im Verhältnis zur Schweiz verändern?
Kurz: Der freie Personenverkehr für EU-Bürger ist genau so Teil wie freier Waren- oder Kapitalverkehr. Da wird es nicht gehen, dass man sagt, das wollen wir behalten, aber wir ­kicken EU-Bürger raus.

ÖSTERREICH: Die FPÖ und Strache freuen sich über das Schweizer Votum …
Kurz: … Also diese Freude der FPÖ ist seltsam und schon sehr verhaltensauffällig. Dem Herrn Strache sollte klar sein, dass wir Österreicher in der Schweiz „die Ausländer“ sind. Wir haben rund 40.000 Österreicher, die in der Schweiz arbeiten oder zwischen der Schweiz und Österreich pendeln. Freut sich Strache, dass diese Österreicher jetzt in einer ungewissen Situation sind?

ÖSTERREICH: Die FPÖ und andere Rechtsparteien bzw. rechtsextreme Gruppen in Europa wollen nun aber vor der EU-Wahl punkten. Hat die ÖVP da noch Chancen?
Kurz: Ich halte es für absolut richtig, dass die ÖVP mit Othmar Karas an der Spitze in die EU-Wahl geht. Wir brauchen gerade als kleines Land eine gute Vertretung im EU-Parlament. Mit Karas haben wir einen unumstrittenen Fachmann und Pro-Europäer. Die FPÖ ist hingegen in ­Europa nur isoliert.

ÖSTERREICH: Die ÖVP liegt in allen Umfragen derzeit aber sehr schlecht. Die ÖVP zerfleischt sich derzeit eher selbst, oder?
Kurz: Die ÖVP macht es sich leider oftmals selbst nicht gerade leicht. Wir sind eine Partei mit vielen Mitgliedern und einer breiten Struktur. Das ist ein Vorteil, und inhaltliche Diskussionen tun ja auch gut. Aber, die Art, wie die Debatten manchmal in unseren ­Reihen geführt werden, ist weniger positiv. Und die derzeitigen Umfrageergebnisse zeigen uns, dass die Wähler das auch so sehen.

ÖSTERREICH: Und die Debatten um Michael Spindel­egger als VP-Chef?
Kurz: Michael Spindelegger hat mir vor drei Jahren die Chance gegeben, in der Bundesregierung mitzuarbeiten. Er hat uns Junge stets gefördert, im Parlament, in der Partei. Und wir sind ihm für diese Chancen und seine Unterstützung dankbar. Wir werden auch weiter gut mit ihm zusammenarbeiten.

ÖSTERREICH: Wir werden vermutlich noch 30 Jahre lang für die Folgen der maroden Hypo aufkommen müssen. Das muss Ihnen als jungem Politiker besonders missfallen. Was läuft da schief?
Kurz: Man soll nicht schlecht über Tote reden (Anmerkung: Jörg Haider). Aber ich kann etwas über ­eine Partei sagen: Dass der Herr Strache sich jetzt als selbst ernannter Retter und Rächer inszenieren will, ist absurd. Die FPÖ sollte die Verantwortung übernehmen und endlich eingestehen, dass sie damals in Kärnten diese Katastrophe mit der Hypo ausgelöst hatte. Diese Situation wirft unsere Budgetpolitik um Jahre zurück. Sie kostet uns Milliarden, die wir im sozialen Bereich, in der Bildung und für Zukunftsinvestitionen gut hätten gebrauchen können. Die FPÖ hat dort damals ein Verbrechen an den Steuerzahlern begangen.

ÖSTERREICH: Aber daran, dass Strache sich so aufspielen kann, ist schon auch die Regierung mit schuld, oder? Hätte sie nicht offensiver agieren müssen?
Kurz: Vielleicht agiert die FPÖ geschickter. Aber darum geht es nicht, es geht darum, wer uns das eingebrockt hat. Die Regierung muss das jetzt so gut wie möglich in den Griff bekommen. Egal welchen Lösungsweg man wählt, die Hypo ist leider ein Riesenproblem für unser Land.

ÖSTERREICH: Während die Regierung im Popularitätstief ist, sind Sie Umfrageliebling. Glauben Sie, dass das mit Ihrem offeneren Stil zu tun hat?
Kurz: Popularitätswerte sind volatil – zumindest in der Politik. Ich bemühe mich, mein Bestes zu geben, und freue mich, wenn meine Arbeit ankommt. Aber ich weiß, dass sich das jederzeit ändern kann. Ein Politiker sollte einfach das tun, was er für richtig hält, unabhängig davon, ob er gerade gelobt oder kritisiert wird. Ich bleibe meinem Stil treu.

ÖSTERREICH: Werden Sie manchmal am internationalen Parkett auch noch als zu jung angesehen?
Kurz: Ich habe im internationalen Bereich den Eindruck, dass Alter da keine Rolle spielt. Im Gegenteil: In meinem Fall löst es manchmal eher Interesse aus. Da suchen einige aktiv das Gespräch mit mir und finden es interessant, auch mit jemandem konfrontiert zu sein, der einen jüngeren Blickwinkel einbringen kann. Und ich denke, dass das auch in Europa nicht schaden kann.

ÖSTERREICH: Das Alter ist also kein Handicap?
Kurz: Es ist jedenfalls etwas, das ich nur von Tag zu Tag ändern kann.

ÖSTERREICH: Sie sind Integrations- und Außenminister. Ist das nicht mitunter schwer vereinbar?
Kurz: Ich habe viel Freude mit meiner Arbeit. Und ich habe den Eindruck, dass die Integrationsagenden im Außenamt auch sehr gut aufgehoben sind. Wir haben hier extrem weltoffene Mitarbeiter, die den Umgang mit unterschiedlichen Kulturen und Religionen gewohnt sind. Die Zusammenführung dieser Agenden hat sehr gut funktioniert. Und Integration und Zusammenleben in Europa liegen stärker beieinander, als man manchmal glaubt.

ÖSTERREICH: Sie halten Ihr Privatleben sehr stark aus der Öffentlichkeit heraus. Ist das eine bewusste Strategie von Ihnen?
Kurz: Nein, das ist keine Strategie, sondern eine bewusste Entscheidung. Im Wort
Privatleben steckt ja grundsätzlich bereits die Antwort. Und das wird auch so bleiben.

ÖSTERREICH: Manche inszenieren sich aber gerade in der Politik gerne mit Partnerin oder Familie, oder?

Kurz: Ich habe eine Aufgabe, die sehr herausfordernd ist, und sehe keine Notwendigkeit, mein Privatleben in den Vordergrund zu stellen. Ich kenne auch keine Manager, die ihr Privat­leben im Unternehmen ­inszenieren würden.

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