Heute wird das Masken-Comeback verkündet - Experten sehen die Maßnahme kritisch.
Mit der möglichen Wiederkehr einer ausgeweiteten Maskenpflicht in Österreich ist die Diskussion um deren Sinnhaftigkeit im Kampf gegen die Corona-Pandemie erneut entbrannt. Gegenüber dem ORF-Morgenjournal sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) nach dem EU-Finanzgipfel am Dienstag, dass auf jeden Fall mehrere Maßnahmen notwendig sein werden. Als zentralen Punkt nannte er das Ampelsystem.
Mit dem vom Gesundheitsministerium noch fertigzustellenden Ampelsystem werde man dann regional gut auf das Ansteigen von Coronafallzahlen reagieren können, so Kurz weiter. Innsbrucks Bürgermeister Georg Willi (Grüne) sagte im Morgenjournal indes, eine Maskenpflicht sei eine bewusstseinsbildende Maßnahme, bis das Ampelsystem eingeführt werde, auf das er dringend warte. Es gelte jedenfalls einer gewissen "Laschheit" bei der Einhaltung der Schutzmaßnahmen entgegen zu treten. Willi wies zudem darauf hin, dass bei den Coronafällen in Österreich derzeit eine sehr unterschiedliche regionale Verteilung herrsche.
Nicht so ansteckend wie angenommen
Franz Allerberger, Leiter des Bereichs Humanmedizin der Agentur für Ernährungssicherheit (AGES), wies in einem Bericht der "Tiroler Tageszeitung" (Dienstag-Ausgabe) darauf hin, dass sich weder Einführung noch Abschaffung der Maskenpflicht auf die Infektionskurve ausgewirkt hätten. Dies hätten Untersuchungen der AGES ergeben. Es habe sich darüber hinaus gezeigt, dass das Virus "nicht so ansteckend wie angenommen ist, sonst könnten wir nicht bei jedem Cluster genau sagen, woher er kommt". Es habe sich gezeigt, dass die Corona-Ansteckungsgefahr bei 1,6 liege, jene der Grippe bei 1,2. Masern seien zehnmal ansteckender als das Coronavirus, Windpocken um fast das Zwanzigfache, hieß es gegenüber der "TT".
Dass es keinen Beleg zur Einführung einer Maskenpflicht gebe, sah auch die Innsbrucker Mikrobiologin Cornelia Lass-Flörl so. "Der Druck auf die Politik ist so groß, dass Maßnahmen gesetzt werden, ohne Fakten heranzuziehen", kritisierte sie. "Eine österreichweite Maskenpflicht einzuführen, halte ich derzeit für nicht nötig", hielt sie fest. Zudem zeigte sie Unverständnis über Maßnahmen wie jene in Kärntner Tourismusorten, wo eine abendliche Maskenpflicht gilt. Ihr fehle hier der "rote Faden". "Draußen muss man eine Maske tragen und im Lokal nicht? Das ist unlogisch", merkte sie an. Es gelte nun, die Zahlen der AGES auszuwerten und daraus eine Handlungsmaxime abzuleiten. "Wir müssen langsam wissen, wie wir mit dem Virus weiterleben wollen", forderte Lass-Flörl.
Mögliche neue Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus werden jedenfalls um 15.00 Uhr in einer Pressekonferenz bekanntgeben. Neben Bundeskanzler Kurz und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) werden Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) und Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) im Bundeskanzleramt erwartet.