EU-Migrationskommissar Magnus Brunner (ÖVP) begrüßt die Einigung über eine umfassende Reform der europäischen Migrations- und Asylpolitik als "Wendepunkt" für Europa.
"Wir stehen an einem Wendepunkt, der die europäische Migrationspolitik tiefgreifend wandeln wird. Mit den neuen Regeln können die Staaten innovative Lösungen prüfen", sagte Brunner im Interview mit der italienischen Tageszeitung "La Stampa" (Mittwochausgabe).
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"Mit den neuen Regelungen fügen wir dem Kasten der Migrationspolitik neue Werkzeuge hinzu. Dies wird der Europäischen Union und den Mitgliedsstaaten mehr Flexibilität verschaffen und die Zusammenarbeit mit Partnerländern effizienter gestalten", so Brunner.
Brunner verweist auf "Schutzmechanismen"
Der EU-Kommissar wies den Vorwurf von Menschenrechtsorganisationen zurück, die Rechte der Migranten könnten durch die Neuerungen schwer verletzt werden. "Wir verlangen von irregulären Migranten nur das, was wir auch von unseren Bürgern verlangen: Die Einhaltung gesetzlicher Pflichten", sagte der Kommissar. Grundrechte seien "nicht verhandelbar", weshalb in allen Vorschlägen Schutzmechanismen verankert worden seien.
Mit Blick auf den Solidaritätsmechanismus, der die Umverteilung von bis zu 21.000 Migranten vorsieht zeigte sich der EU-Kommissar zufrieden: Die Mitgliedstaaten hätten ein "Gleichgewicht zwischen Solidarität und Verantwortung" gefunden. Bereits jetzt seien die irregulären Ankünfte EU-weit um 35 Prozent gesunken.
Für die kommenden Monate kündigte der EU-Kommissar eine verstärkte Zusammenarbeit mit Drittstaaten an. Diese "Migrationsdiplomatie" solle mit außenpolitischen, handels- und visapolitischen Instrumenten verknüpft werden. Länder, die bei Rückführungen nicht kooperierten, müssten mit Einschränkungen rechnen. Im Jänner wolle die EU zudem eine neue Visa-Strategie vorstellen.
Die EU arbeite hinzu an einer internationalen Konferenz zur Bekämpfung des Menschenschmuggels, zu der mehr als 80 Delegationen aus fünf Kontinenten erwartet werden. Über 50 Staaten hätten bereits eine gemeinsame Erklärung unterzeichnet, erklärte Brunner. Ziel sei es, den Schleppernetzwerken "das Geschäftsmodell zu entziehen". Neben der Bekämpfung digitaler Strukturen solle auch stärker gegen illegale Finanzströme vorgegangen werden.
"Wirtschaft benötigt legale Migration"
Brunner betonte, die EU müsse zugleich legale Wege der Migration ausbauen. Die jüngst abgeschlossenen Verhandlungen über den EU-Talentpool seien ein Schritt, um qualifizierte Arbeitskräfte gezielt anzuwerben. "Unsere Wirtschaft benötigt legale Migration", sagte Brunner.