Wiener SPÖ ist vollkommen zerrissen

Nach Parteitags-Debakel – so geht es jetzt weiter

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Unter dem Motto „Uns reicht’s“ könnten die Wiener Arbeiter-­Bezirke jetzt putschen.

Optionen. Samstag hat sich der Hass der beiden Lager in einem wahren Streich-­Gemetzel entladen. Parteichef Häupl wurde von 23 % der Delegierten auf nur 77 % Zustimmung gestrichen, die Vertreter des rechten Rebellen-Lagers Michael Ludwig und der Simmeringer Troch auf 67  % und 65 %. Im Gegenzug wurde die „Partei-Mami“ Renate Brauner auch mit 67 % abgestraft. Ein SPÖ-Insider: „Es war offener Hass. Die Rechten hassen die Linken – und umgekehrt!“

Zwei Lager stehen sich in der Wiener SPÖ seit Samstag unversöhnlich gegenüber:

  • DIE LINKEN: Sie werden von der Riege der weiblichen Stadträtinnen – wie Sandra Frauenberger, Renate Brauner und Ex Sonja Wehsely – angeführt. Zu ihnen zählen auch der neue Bildungs-Stadtrat und Häupl-Kronprinz Czernohorszky, der Klubchef Oxonitsch und praktisch alle Innenstadt-Bezirke vom 4. bis zum 9., wo sich mit der „Sektion 8“ das Anarcho-Nest der Linken befindet. Sie sind mit etwa 35 % in der Minderheit.

  • DIE RECHTEN: Sie werden von den großen Arbeiter-­Bezirken Floridsdorf, Donaustadt, Simmering und Liesing angeführt, haben den Wohnbau-Stadtrat Michael Ludwig als Gallionsfigur und Wunsch-Bürgermeister und mit etwa 65 % die klare Mehrheit. Ohne sie geht nichts in der SPÖ.

Seit Samstag sind alle Lager in der SPÖ angeschlagen:

  • Parteichef Michael Häupl ist mit 77 % nur mehr eine „Lame Duck“. Seine Ankündigung, für Christian Kern unbedingt die nächste Nationalratswahl schlagen zu wollen, ist für Kern eine gefährliche Drohung. Weil die Häupl-SPÖ ganz sicher keine Wahl mehr gewinnen kann, will Kern den verdienten Bürgermeister noch vor dem Sommer zum Rückzug bewegen. Ein Insider aus dem Kern-Lager: „Es muss noch vor dem Sommer zu einer Lösung in der Wiener SPÖ kommen. Häupl muss jetzt rasch einen Nachfolger präsentieren, der die Lager wieder einen kann.“

  • Dafür gibt es zwei Kandidaten: Häupl selbst wünscht sich den neuen Bildungs-Stadtrat Jürgen Czernohorszky als Nachfolger – sein Problem: Er ist mit 40 politisch unerfahren und gilt als „Linker“.

  • Partei-Granden wie Vranitzky, Blecha & Co. empfehlen Häupl eine salomonischere Lösung: Die Umwelt-Stadträtin Ulli Sima – derzeit die erfolgreichste Stadträtin in Wien, als Einzige eine Vertreterin der „Mitte“, politisch erfahren und: eine Frau! Denkbar wäre auch Kultur-Stadtrat Mailath-Pokorny, der am Parteitag als Einziger (neben Häupl) für seine Vermittlungsversuche zwischen Linken und Rechten Standing Ovations bekommen hat. Er ist auch im Nachfolge-Rennen – als eher intellektuelle Lösung.

  • In Wahrheit aber wollen die Arbeiter-Bezirke jetzt „putschen“. Sie sind über den Verlauf des Parteitags mehr als zornig, weil die Vereinbarung, bewusst niemanden zu streichen, schon am Frauen-Parteitag tags zuvor von den „Linken“ gebrochen wurde. Allgemeiner Tenor der Rechten: „Jetzt reicht’s!“ Und: „Wir hätten gleich über Ludwig als Parteichef abstimmen und uns von Häupl und den Linken nicht in die Irre führen lassen sollen!“

  • Ziel der Rechten ist folgendes Szenario: Bruch der Rathaus-Koalition mit den Grünen noch vor dem Sommer. Dann ein rascher weiterer Parteitag mit einer Kampfabstimmung, in der Michael Ludwig mehr als 60 % der Stimmen als neuer Parteichef und Bürgermeister bekommen soll. Dann entweder fliegender Koalitionswechsel zu Rot-Blau oder Neuwahlen gleichzeitig mit der Nationalratswahl im Oktober oder November.

  • Die Rechten haben sich mittlerweile mit einer Partei-Spaltung abgefunden. Ein Insider aus Floridsdorf: „Die angeblichen Linken mit ihren rot-grünen Spinnereien will in der Partei ohnehin keiner mehr, die kosten uns nur Stimmen. Eine SPÖ in alter sozialdemokratischer Tradition mit Ludwig als bürgernahen Bürgermeister bekommt deutlich mehr Stimmen als diese linken Intriganten!“

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