Neue Vorwürfe gegen Thomas Schmid

Nach Razzia im Finanzministerium: Gab es Schuldenerlass für Unternehmen?

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Heute Razzien der WKStA wegen Bestechungsverdachts.

Heute hat es drei Hausdurchsuchungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wegen des Verdachts auf Bestechlichkeit bzw. der Bestechung gegeben, berichtete die Behörde. Laut der Wochenzeitung "Falter" gibt es einen neuen Verdacht gegen Ex-ÖBAG-Chef Thomas Schmid, der in seiner Zeit als Generalsekretär im Finanzministerium MAN-Investor Sigi Wolf 630.000 Euro Steuerschuld erlassen haben könnte. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Ein entsprechendes Verfahren hat die WKStA Anfang Juli eröffnet, schreibt die Wiener Wochenzeitung. Eine der Razzien soll demnach heute im Finanzministerium, eine andere im Finanzamt Wiener Neustadt stattgefunden haben. Gegenüber der APA war unbestätigterweise auch vom Finanzamt Baden-Mödling die Rede. Ein Sprecher des Finanzministeriums dementierte auf APA-Nachfrage eine dortige Durchsuchung. Er bestätigte: "Es gab eine Sicherstellung im Zuge der Amtshilfe in einem Finanzamt."

In der Mitteilung der WKStA heißt es wörtlich: "Im Zuge dieser (aktuellen, Anm.) Ermittlungen fanden am 20. Dezember 2021 nach gerichtlicher Bewilligung Hausdurchsuchungen an mehreren Standorten statt. In einem Finanzamt wurde eine Sicherstellung im Wege der Amtshilfe vollzogen (das bestätigt der Sprecher von Finanzminister Magnus Brunner, ÖVP, Anm.). Die Ermittlungsanordnungen wurden nach Information an die Fachaufsicht vom Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) durchgeführt, wobei ein Staatsanwalt der WKStA die Amtshandlungen leitete. IT-Experten der Justiz unterstützten die Amtshandlungen. Im weiteren Verfahren werden die im Zuge der Ermittlungsmaßnahmen sichergestellten Beweismittel gesichtet und ausgewertet und weitere darauf fokussierte Ermittlungen durchgeführt."

Hintergrund der Ermittlungen ist laut WKStA jedenfalls ein Verdacht der "parteilichen Behandlung eines Antrages eines beschuldigten Unternehmers auf Steuernachsicht durch die damalige Leiterin des zuständigen Finanzamtes im Gegenzug für die Unterstützung bzw. Intervention im Bundesministerium für Finanzen im Zuge einer Bewerbung um die Leitung eines anderen Finanzamts." Eine hohe Beamtin soll ein Auge zugedrückt und dafür die Karriereleiter erklommen haben, so das Blatt.

Begonnen habe die Geschichte im Frühjahr 2019. Damals hätten die internen Prüfer des Finanzministeriums routinemäßig die Steuernachlässe durchgesehen. Dort soll ihnen der Name des Kfz-Managers und früheren ÖIAG-Aufsichtsratschefs Siegfried Wolf aufgefallen - und die Summe: 629.941 Euro. Die Prüfer hätten damals untersucht, wem die Republik im Jahr zuvor Steuerschulden nachgesehen hat. Der Staat hat - in einem restriktiven Rahmen - diese Möglichkeit beispielsweise, wenn ein Unternehmen in der Insolvenz steckt und das Finanzamt als Gläubiger zurücktritt

Die Wochenzeitung schreibt davon, dass Akteineinsichten nahelegten, dass Thomas Schmid als Generalsekretär im Finanzministerium dem Investor einen Vorteil verschafft und eine Steuernachsicht durchgedrückt haben könnte. Bewiesen ist das freilich nicht und es gilt die Unschuldsvermutung. Schmid könnte in dem Zusammenhang auch gegen die Rechtsmeinung der eigenen Fachaufsicht im Ministerium vorgegangen sein, schreibt die Zeitung.

Dem Bericht zufolge forderte das Finanzamt Wiener Neustadt im Jahr 2016 von Wolf entgangene Steuern von gut 7 Mio. Euro und die Strafzinsen in Höhe von 686.736,44 Euro zurück. Wolf hatte offenbar Einkünfte aus einer Geschäftsführertätigkeit in der Schweiz nicht so versteuert, wie sich das seit einiger Zeit gehörte.

Daraufhin hätten sich Wolfs Steuerberater ans Finanzministerium gewendet und auf "sachliche Unbilligkeit" gepocht, schreibt die Zeitung. Man sei vom Finanzamt nicht darauf hingewiesen worden, dass ein schweizerisch-österreichisches Steuerabkommen (seit 2007) eine andere Versteuerung verlange, das Amt habe die Steuerbescheide in alter Form akzeptiert. Zumindest die Strafzinsen müssten gestundet werden, so die Ansicht der Steuerberater, die ihrerseits die ausschlaggebenden Änderungen im Doppelbesteuerungsabkommen laut "Falter" übersehen hatten.

Die Fachaufsicht im BMF habe eindeutig festgestellt: Eine Nachsicht könne auf Gesetzeswegen nicht erteilt werden. Die volle Summe sei zu zahlen.

Daraufhin soll Wolf den Ball über seine Verbindungen in die früheren türkisen Machtzirkel genutzt haben. Der frühere Bundeskanzler und ÖVP-Chef Sebastian Kurz soll bei einer Befragung angegeben haben, er sei Wolf "freundschaftlich verbunden", und dieser berate ihn in "wirtschaftspolitischen Fragen". Als Generalsekretär im BMF saß Kurz-Intimus Thomas Schmid.

Am 26. April 2018 stellen Wolfs Steuerberater jedenfalls einen Antrag auf Nachsicht beim zuständigen Finanzamt. Von ihrer Argumentationslinie der "sachlichen Unbilligkeit", der die Fachbeamten des Finanzministeriums widersprochen hatten, weichen sie nicht ab. Wenige Wochen später habe das zuständige Finanzamt in Wiener Neustadt dem Antrag tatsächlich zugestimmt. In der Begründung dafür folgen die Finanzbeamten weitgehend dem Vorschlag von Wolfs Steuerberatern, die einen ausgearbeiteten Entwurf Anfang Juli noch geschickt hatten. Dem Finanzamt sei ein Mitverschulden anzulasten, schließlich habe es den Methodenwechsel im Doppelbesteuerungsabkommen übersehen, steht da. Letzten Endes wurden Wolf zwar nicht die Strafzinsen, aber 25 Prozent der Gesamtsumme erlassen. Der Betrag änderte sich damit marginal auf 629.941 Euro, die Wolf weniger bezahlen müsste.

Mit der Fachsektion des Finanzministeriums hatten sich die Beamten im Finanzamt in Wiener Neustadt nicht mehr beraten, so der "Falter". Das könnte angesichts der Summe zumindest den Gepflogenheiten der Finanzverwaltung widersprechen. Der Bescheid gründe sich auf eine "unrichtige rechtliche Beurteilung und hätte bei korrekter Vorgangsweise keine Zustimmung unsererseits gefunden", schreibt ein hoher Fachbeamter nachträglich laut Zeitung.

Ein Jahr später haben die Prüfer mit Verweis auf Paragraf 299 der Bundesabgabenordnung die gesamte Summe fällig gestellt. Dieser Paragraf erlaubt es, den "Bescheid der Abgabenbehörde aufzuheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist". Darauf hatte die Fachaufsicht schon zuvor verwiesen.

Auf die Nachfrage der Revisoren, antworteten die zuständigen Mitarbeiter, die ihre Unterschrift unter die Steuerstundung gesetzt haben, schriftlich: "Das Einvernehmen mit dem Herrn Generalsekretär wurde hergestellt", schreiben sie im Juni 2019. Thomas Schmid sei "über die Besprechungen zwischen dem Finanzamt und dem Abgabepflichtigen (Wolf, Anm.) bzw. der steuerlichen Vertretung informiert" gewesen. Und dann auch noch: "die Entscheidung ad teilweiser Stattgabe" sei von diesem - also Schmid - "mitgetragen worden".

Schmid wollte die Angelegenheit laut "Falter" nicht kommentieren. Das Geld ist laut der Zeitung immer noch nicht beim Finanzamt eingelangt. Wolf habe gegen den Spruch Beschwerde vor dem Bundesfinanzgericht eingebracht.

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