Regierungs-Poker

ÖVP-Funktionäre für Opposition

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In der 2. Runde wurden zehn Arbeitsgruppen eingesetzt. In der ÖVP herrscht aber breite Skepsis gegenüber der SPÖ.

In der zweite Runde der Koalitions-Gespräche wurden zehn Arbeitsgruppen eingesetzt .Eine letzte Hürde für die Gespräche wurde schon gestern genommen worden. SPÖ-Klubchef Cap gab eine Ehrenerklärung für den Ehemann von Gesundheitsministerin Rauch-Kallat ab.

ÖVP-Funktionäre dagegen
"Unsere Funktionäre sagen ganz klar Opposition. Wir sind abgewählt worden. Daher müssen wir uns nach dem Wählerwillen richten“, sagte der ÖVP-Abgeordnete und Mödlinger Bezirksobmann Michael Spindelegger am Montag zu ÖSTERREICH. Er steht mit dieser Meinung nicht allein, hat eine Umfrage unter VP-Politikern ergeben.

Entgegenkommen
ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel hatte am Wochenende erklärt, die Partei bekomme tausende Mails und Anrufe mit einem Nein zu einer Großen Koalition. Deshalb sei es ein Entgegenkommen, wenn die ÖVP mit der SPÖ in Verhandlungen eintrete.

Für Opposition
Spindelegger bestätigt diese Einschätzung. Er ist Stellvertreter von Klubobmann Wilhelm Molterer und in Niederösterreich Landesobmann des ÖVP-Arbeitnehmerflügels ÖAAB. Spindelegger lässt aber einen Ausweg zur Großen Koalition offen: „Ob das auch in einigen Monaten noch so ist, weiß ich nicht.“ An eine Koalition mit FPÖ und BZÖ denke jedenfalls niemand.

Skepsis
Von einer „gewissen Skepsis“ spricht auch Markus Wallner, Landesgeschäftsführer in Vorarlberg: „Ich habe noch niemanden getroffen, der eine Große Koalition mit einem Hurra begrüßt hätte.“ Der oberösterreichische Abgeordnete Walter Murauer wiederum berichtet von Befürchtungen, die VP könnte in einer Großen Koalition zum „Sündenbock“ werden, wenn die SPÖ scheinbar populäre Maßnahmen unter Hinweis auf die ÖVP nicht umsetzen könne. Das Misstrauen der Funktionäre sei durch den Wahlkampfstil der SPÖ noch befördert worden. Eine Koalition um jeden Preis sei undenkbar.

Chemie
Auch die Diagnose des ÖVP-Gesundheitssprechers Erwin Rasinger fällt trist aus. „Die Grundchemie stimmt überhaupt nicht. Von Seiten der SPÖ kann ich keine ausgestreckte Hand erkennen.“ Der frühere Verteidigungsminister Werner Fasslabend spricht von Signalen, dass der SPÖ Rot-Grün bei weitem lieber wäre. Er sieht die Großparteien „innerlich auf Distanz“. Wiens Landesgeschäftsführer Norbert Walter sagt: „Viele Wiener Funktionäre haben Bauchweh bei einer Allianz, weil sie wissen, wie die SPÖ über alles drüberfährt.“

Steirer zweifeln
Große Vorbehalte gibt es auch in der Steiermark. In einzelnen Bezirken wurden bereits Resolutionen gegen eine Zusammenarbeit mit den Roten verfasst, berichtete gestern Landesgeschäftsführer Hannes Missethon. Er will eine Zusammenarbeit mit FPÖ und BZÖ nicht ganz ausschließen. Der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl will ebenfalls noch keine Stimme für eine Große Koalition gehört haben. Sein Vorschlag: In Graz habe man sich nicht auf eine Koalition, sondern nur auf ein Arbeitsübereinkommen mit der SPÖ einigen können. „Vielleicht ist das auch für den Bund ein Modell.“

Der Südsteirer Johannes Zweytick schätzt die Stimmung an der Basis als „sehr verhalten“ ein. Bauernbund-Präsident Fritz Grillitsch ortet „massive Bedenken“ bei seinen Partei und Bundeskollegen.

Meinungsschwenk
Reinhold Mitterlehner, Bezirksobmann in Rohrbach (OÖ) und Generalsekretär der Wirtschaftskammer, spricht hingegen von einem beginnenden Meinungsschwenk: „Die Funktionäre realisieren, dass die Opposition erst nach Neuwahlen – und dann wohl nur noch mit 25 Prozent der Stimmen - eine Alternative ist.“

Einzig die Kärntnerin Elisabeth Scheucher, die künftig kein Mandat mehr hat, ist ein Fan von Rot-Schwarz: „Die Leute wünschen sich für die Zukunft eine stabile, breite Basis für die Regierung.“ Für Noch-Nationalrat Vincenz Liechtenstein ist die Große Koalition „leider die einzige realistische Möglichkeit“.

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