In Ostösterreich erhielten die Kinder am Freitag das Jahreszeugnis - Grund genug für oe24, die Parteien ebenfalls auf den Umfrageprüfstand zu stellen. Fazit: Zufrieden sein kann eigentlich nur die FPÖ.
Einmal - am 9. und 10. Juli - tagt der Nationalrat noch vor der Sommerpause, dann machen auch die meisten Politiker Urlaub. Deshalb ist jetzt auch für die Parteien Zeugnis-Verteilung. oe24 hält sich diesmal an den APA-Wahltrend, der eine Zusammenschau aller in Österreich erscheinenden Umfragen ist - dazu wird der Chef der Lazarsfeld Gesellschaft, Werner Beutelmeyer, seine Bewertung abgeben. Eines vorweg: Die fällt für die amtierende Koalition nicht eben berühmt aus.

FPÖ hat jetzt ein perfektes Biotop

2024 gewann die FPÖ die Nationalratswahl einigermaßen knapp - das hat sich jetzt geändert, derzeit hat der APA-Wahltrend die FPÖ mit 32,7 % mit einem Vorsprung von mehr als 10 Prozentpunkten klar an der ersten Stelle. Beutelmeyer erklärt das so: "Die Kriege, die Gefahr, dass die Energiepreise steigen und die Inflation zurückkehrt, sorgen bei der Bevölkerung für eine große Unsicherheit. Der Optimismus der Menschen ist am Boden, die Wirtschaft wächst nicht - das perfekte Biotop für die FPÖ." Beutelmeyer würde in seiner Umfrageserie, die er für oe24 durchführt, die Freiheitlichen mit Herbert Kickl an der Spitze deutlich höher ansetzen, etwa bei 35 %.
ÖVP - Stabilisiert, aber einer Kanzlerpartei unwürdig

Im APA-Wahltrend liegt die ÖVP, die mit Christian Stocker immerhin den Bundeskanzler stellt, bei etwas mehr als 22 %. "Die ÖVP hat sich stabilisiert. Der neue Parteichef Christian Stocker hat Ruhe in die Partei gebracht. Aber es ist wahrscheinlich zu viel Ruhe. Die Menschen erwarten sich in dieser Zeit klare Ansagen und Orientierung, das fehlt. Die 22 % sind ein Wert, mit dem eine Kanzlerpartei nicht zufrieden sein kann."
Babler zieht die SPÖ massiv herunter
Auch die zweite größere Regierungspartei, die SPÖ, liegt weit unter ihrem Wahlergebnis vom September 2024, im Wahltrend konkret bei 20 %. "Wir bei Lazarsfeld haben die SPÖ sogar nur bei 18 %. Die Partei wird von ihrem Vorsitzenden Andreas Babler massiv heruntergezogen, seine persönlichen Werte sind dramatisch, er wirkt wie ein völlig überforderter Bürgermeister einer Kleingemeinde. Die Leute trauen ihm einfach nicht zu, dass er dem Amt gewachsen ist", gibt Beutelmeyer ein vernichtendes Zeugnis ab. "Die SPÖ hat hier massiven Handlungsbedarf." Dass das nicht so sein muss, zeige beispielsweise Finanzminister Markus Marterbauer: "Er hat eine unangenehme Aufgabe - und trotzdem die besten Umfragewerte."
NEOS in der Regierungsfalle
Die NEOS als dritte Regierungspartei sind im Wahltrend mit 10,6 % zwar leicht über ihrem Wahlergebnis - Beutelmeyer sieht die Pinken aber in einer schwierigen Lage: "Die NEOS sind ein bisschen in der Regierungsfalle, Parteichefin Beate Meinl-Reisinger ist als Außenministerin zwar in der großen Welt unterwegs, sie müsste aber für Reformen in der Regierung sorgen. Und Staatssekretär Sepp Schellhorn hat zu Beginn gleich mehrere schwere Fehler gemacht, Stichwort Dienstwagen." Obwohl die Pinken vor den Grünen liegen, seien diese in der schwierigeren Situation. "Denn sie müssten liefern."
Grüne könnten sich erholen

Leonore Gewessler im Rahmen einer PK der Grünen mit dem Titel "Bewerbung als Bundessprecherin" am Donnerstag, 10. April 2025, in Wien.
Bei den Grünen - derzeit mit 9,9 % über dem Wahlergebnis von September 2024 - sieht Beutelmeyer hingegen "Anzeichen, dass die Recovery, also die Erholung möglich ist." Die neue Parteichefin Leonore Gewessler könnte demnach die Grünen wieder in die Spur bringen. Doch es bestehe die Gefahr, dass Gewessler die Fehler der Regierungszeit nachhängen: "Und damals wurden schwere Fehler gemacht, Otto Normalverbraucher hat es nicht verstanden, warum 80 bis 90 % für den Heizungstausch gefördert wurden, das wurde einfach Geld hinausgeblasen", ist Beutelmeyer auch in diesem Fall streng.