Politik-Insider

Bei Desaster in Innsbruck droht ÖVP neue Abwärtsspirale

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In der Tiroler Landeshauptstadt steht am 14. April für Karl Nehammer und seine Partei mehr auf dem Spiel als ein Stadtchef. 

Der Plan. Florian Tursky (36) hatte – so schien es zunächst – an alles gedacht. Der blasse Ex-Mitarbeiter des Langzeit-Landeshauptmannes Günther Platter ließ sich zuerst mit Hilfe und Gnaden seiner Tiroler Landespartei zum Staatssekretär in Wien machen. Das vermeintlich junge Gewinner-Thema „Digitalisierung“ soll den gebürtigen Innsbrucker, der in der konservativen Verbindung „Teutonia Innsbruck“ organisiert ist, am 14. April den Job seiner Träume bescheren: Erstmals seit Romuald Niescher 1994 (!) wäre ein erklärter ÖVPler Bürgermeister der Landeshauptstadt. Denn – egal ob Herwig Van Staa oder Hilde Zach – alle regierten die Tiroler Konservativen im Innsbrucker Rathaus mit eigenständigen Listen. Damit wäre also erstmals seit den 90ern die ÖVP nicht in zwei bis drei Listen zersplittert. Sogar den hiesigen Seniorenbund – in der Tiroler Landeshauptstadt traditionell eine aufmüpfige Veranstaltung – konnte Tursky in seine orange Liste Das Neue Innsbruck einhegen. Der Mann hatte an fast alles gedacht, um den aktuellen grünen Bürgermeister Georg Willi aus dem Amt zu hebeln.


Er hat an alles gedacht - aber nur fast

Aber eben nur an fast alles – denn eine Woche vor der Wahl schaut es so aus, als ob die Sache aller Strategien zum Trotz spektakulär scheitern könnte: So hatte Tursky den amtierenden ÖVP-Vizebürgermeister Johannes Anzengruber nicht auf der Rechnung gehabt. Der tritt jetzt erst recht mit einer eigenen Liste bei der Innsbruckwahl an. Und als die Kritik an Turskys politischem „Tanz auf zwei Kirtagen“ – also Staatssekretär in Wien und Bürgermeisterkandidat in Innsbruck – zu groß wurde, musste er eher schmachvoll als Staatssekretär zurücktreten.

Nehammer tursky
© APA/ROLAND SCHLAGER
× Nehammer tursky

Umfragen sehen ein blau-grünes Duell

Umfragen. Keine der ­größeren Umfragen sah Tursky zuletzt in der Stichwahl, geschweige denn an erster Stelle. Um den Bürgermeistersessel – der Tursky in der Folge wohl auch einen Fixplatz in der schwarzen Nachfolge von ÖVP-Landeschef Anton Mattle garantieren soll – rittern eher der bisher völlig unbekannte FPÖ-Kandidat und Polizist Markus Lassenberger und eben der grüne Bürgermeister Georg Willi. Diesem konnte Tursky zwar zwei grüne Gemeinderatsmitglieder abspenstig machen, die zu seiner Liste wechselten. Ob das mit Erfolg gekrönt ist – man wird es sehen. Turskys einzige Chance ist wohl, irgendwie in die Stichwahl gegen den FPÖ-Kandidaten zu kommen und dann als kleineres Übel gewählt zu werden.


Abwärts. Doch sollte das nicht gelingen, ja sollte sich Tursky so blamieren, dass er nicht einmal in die Stichwahl kommt, wäre das nach dem Scheitern von ÖVP-Kandidat Florian Kreibich als Salzburger Bürgermeisterkandidat die zweite schwere Wahlschlappe der ÖVP. Und das nicht einmal 60 Tage vor der EU-Wahl. Dass ÖVP-Chef Karl Nehammer sowohl bei der Installierung Kreibichs (Kandidat von Landeschef Wilfried Haslauer) als auch bei Turskys Kür nur Passagier war, ist auch kein Trost. Der ÖVP droht jetzt genau jene tödliche Abwärtsspirale, vor der Nehammer Profis wie Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner gewarnt hatten. Doch Nehammer war ja im Jänner davor zurückgeschreckt, in Neuwahlen zu gehen. Jetzt droht nach Tirol eine Niederlage bei der EU-Wahl – und im Herbst eine noch schlimmere bei der Nationalratswahl.


Nehammers Glück – oder Pech, je nachdem wie man es sieht: Dass die ÖVP im Sommer noch die Pferde wechselt, ist angesichts der Zeitnot und des mangelnden Willens der Landes-Granden wohl auszuschließen.

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