Nach Urlauben

Regierung: Stillstand und Konflikte

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Nach ausgedehnten Urlauben steht die rot-schwarze Koalition jetzt still. Harsche Oppositionskritik und SP-Ministerin Schmieds Appell.

Eigentlich hätten die Urlaube in Frankreich – SP-Bundeskanzler Werner Faymann – und Korsika – VP-Vizekanzler Josef Pröll – ja zur Entspannung und neuem Tatendrang beitragen sollen.

Aber davon ist in der rot-schwarzen Koalition auch nach drei Wochen Urlaub wenig zu bemerken. Wie schon vor der Sommerpause herrschen auch jetzt – unmittelbar vor dem ersten Ministerrat am kommenden Dienstag – wieder Zank und Hader. In den dringenden Vorhaben geht nichts weiter.

Opposition tobt, die Regierung steht still
Kein Wunder also, dass die Oppositionsparteien diesen „Stillstand“ in Rot-Schwarz heftig kritisieren. Der Grüne Dieter Brosz erklärt im ÖSTERREICH-Gespräch gar: „Diese Regierung erinnert mich immer stärker an die Koalition Gusenbauer und Molterer. Alle wichtigen Projekte werden auf die lange Bank geschoben. Die Regierungsparteien blockieren sich wechselseitig.“ Auch FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl ätzt: „Es geht nichts weiter. Diese Regierung ist handlungsunfähig.“

Aber auch in den Oppositionsparteien herrscht derzeit nicht gerade Arbeits­eifer: Das Parlament hat schließlich noch bis 8. September Sommerpause. Zumindest der Spitzel-Ausschuss ab 26. August verdammt die Politiker zur Arbeit. Aber nicht alle Minister sind mit dem faulen Stillstand in Zeiten der Wirtschaftskrise happy.

Schmied-Appell für „gemeinsames Arbeiten“
SP-Bildungsministerin Claudia Schmied, die sich immer wieder im Clinch mit dem Koalitionspartner befindet, richtet im ÖSTERREICH-Gespräch einen Appell ans ganze Team: „Wir müssen in der Verwaltungsreform etwas weiterbringen. Es kann aber nur ein gemeinsames Projekt oder eben kein Projekt sein. Wir brauchen ein geschlossenes Auftreten der Regierung auch gegenüber den Landeshauptleuten.“

Die Länderchefs beobachten den Politstillstand übrigens mit Argusaugen. Und werden wohl bald den Ton gegen die Koalition wieder verschärfen.

Die offenen Konflikte der Koalition

1. Kassensanierung
Spätestens im Oktober sollte das geplante Kassenpaket stehen. SP-Gesundheitsminister Alois Stöger kritisiert, dass VP-Finanzminister Josef Pröll sich „nicht bewegt“.

2. Ortstafeln
Die unendliche Story um zweisprachige Ortstafeln in Kärnten bringt nun die ÖVP in Rage. VP-Vizekanzler Pröll will, dass „der Kanzler agiert“.

3. Bankenhilfe
SP-Kanzler Werner Faymann will Staatshilfen nur dann gewähren, wenn Bonuszahlungen für die Manager gestrichen werden. Das lehnt die Volkspartei ab. Damit wackeln Bankenhilfe und Co.

4. Kindergeld
SP-Frauenministerin Gabi Heinisch-Hosek und VP-Familienstaatssekretärin Christa Marek streiten weiter über Unterstützung für Alleinerzieherinnen.

5. Schulverwaltung
SP-Bildungsministerin Claudia Schmied will bei der Schulverwaltung sparen. Vor allem die VP-Landeshauptleute rebellieren gegen ihre Pläne. Die Bundes-VP wartet ab.

6. Polizei
Kanzler Faymann will 2.000 zusätzliche Polizisten. VP-Innenministerin Maria Fekter will sofort 2.000 Postler als Polizisten einsetzen. SP-Beamtenministerin Heinisch-Hosek will „Zeit für gute Vorbereitung“.

7. ORF
Rot und Schwarz können sich immer noch auf kein neues ORF-Gesetz einigen – obwohl die EU es von ihnen fordert.

8. ÖIAG
Der Kanzler will die Privatisierungsgesellschaft des Bundes auflösen. Die ÖVP ist dagegen.

9. EU-Kommissar
Die ÖVP beharrt auf Ex-VP-Chef Wilhelm Molterer als Kommissar in der Europäischen Union. Die SPÖ will ihn verhindern.

10. Graf-Abwahl
Bundeskanzler und SPÖ wollen den umstrittenen FP-Nationalratspräsidenten Martin Graf abwählen. Die ÖVP lehnt das ab.

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