Regierung

Nehammer-Rede - Kogler: 'Nicht das Heil in der Vergangenheit suchen'

Teilen

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) sieht in der Rede von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) kein Problem für die türkis-grüne Koalition.

Der ÖVP-Chef habe eine Rede für das Jahr 2030 und darüber hinaus gehalten, gab sich Kogler gegenüber der APA entspannt. Inhaltlich stimmt er vor allem in der Klimafrage freilich so gar nicht überein: Man solle "nach vorwärts arbeiten und nicht das Heil in der Vergangenheit suchen", meinte Kogler.

Nehammer hatte sich in seiner groß inszenierten Rede vergangenen Freitag gegen ein Aus des Verbrennermotors und gegen die "Untergangsapokalypse" verwehrt. Bei den Grünen zeigte man sich darob einigermaßen irritiert. Kogler gibt sich allerdings wenig überrascht: Es sei von vornherein klar gewesen, dass die Veranstaltung von der ÖVP organisiert sei und es eine Rede des Parteiobmannes sein werde, die über das Jahr 2030 hinaus reichen werde, und "das ist ja mindestens sein gutes Recht". Es sei "immer wieder üblich, dass Parteien einen Programmprozess starten".

Eine Schockstarre der Grünen - Klimaschutzministerin Leonore Gewessler reagierte erst tags darauf - stellte Kogler in Abrede: Die Reaktionen der Beobachter hätten einfach dazu geführt, dass man dann gefragt wurde, was sich die Grünen denken. "Mir geht diese Über-Interpretiererei ziemlich auf die Nerven." Gefragt, ob er die Aussagen als Spitzen gegen die Grünen sieht, meinte Kogler, es gehe ja "eher um den Aussagegehalt", und da müsse sich "die ÖVP fragen lassen, was sie damit meint".

Die Grünen plakatieren derzeit "Klimaglück", der Kanzler bewirbt dagegen den Verbrennermotor. Für Kogler passt das - "jetzt" - trotzdem zusammen. Denn man habe sehr viele gemeinsame Programmpunkte umgesetzt oder sei gerade dabei. Für die Jahre ab 2030 gebe es "möglicherweise unterschiedliche Auffassungen", meinte Kogler.

Für die Grünen stehe fest, dass im Klimaschutz die große Zukunft liege, mit allen Chancen für die Wirtschaft und hochwertige Arbeitsplätze - und "ich hätte vermutet, dass das für die ÖVP auch so ist". Die ÖVP habe selbst etwa bei einem Betriebsbesuch bei BMW in Steyr mit dem Kanzler angemerkt, dass Investitionen in Elektromobilität Investitionen in die Zukunft seien, so Kogler. Es gehe schon darum, "dass wir nach vorwärts arbeiten und nicht das Heil in der Vergangenheit suchen - das ist ja das Wesen des technischen Fortschritts".

"Jetzt ist es eine ganz große Chance, dass wir Antriebe haben, die uns losbringen von der Drogennadel des Erdöls und des Erdgases", betonte Kogler. "Das ist doch eigentlich bis auf ein paar rechte Untergrundkämpfer schon längst state of the art."

Es gebe wohl kaum jemanden, der nicht den Wert der Autozulieferindustrie sehe - aber die werde vom Wandel profitieren, wenn man sie rechtzeitig umstellt, ist der Grünen-Chef überzeugt. Die Manager sagten ja selber, dass die Zukunft in der Elektromobilität liege. "Dort geht die Reise hin, jetzt ist ja nur die Entscheidung: bist du dabei oder nicht?" Man solle den europäischen Vorsprung in der Umwelttechnologie nicht verspielen, sonst seien auch hier wieder China und die USA vorne. Man müsse die Autos auf abgasfrei umstellen, "auch konservative Parteiprogramme können die Gesetze der Physik und Chemie nicht außer Kraft setzen".

Nicht viel Freude hatten die Grünen auch mit Nehammers - vagem - Vorschlag, Ausländern die Sozialleistungen zu halbieren. "Ich weiß nicht, wer mit dieser Ansage was anfangen kann", gab sich Kogler etwas ratlos. Die meisten Juristen und Fachleute seien ja der Meinung, dass da rechtlich nicht viel möglich sei. Bei Versicherungsleistungen sei ohnehin klar, dass jene, die dort einzahlen, auch Anspruch auf die Leistung haben. Und wenn man Arbeitskräfte suche, sei der Vorschlag auch "nicht sinnvoll", verwies Kogler darauf, dass allein im Pflegebereich tausende Arbeitskräfte pro Jahr notwendig seien. Zudem erinnerte Kogler an "krachende Niederlagen von Türkis-Blau" vor den Höchstgerichten bei ähnlichen Projekten.

Am Fortbestand der Koalition zweifelt Kogler jedenfalls nicht. "Dass die Parteien versuchen, ihre Standpunkte zwischen den Wahlen darzustellen, finde ich ja durchaus auch belebend und gut." Unterschiedliche Ansätze für die nächsten Jahre und Jahrzehnte lägen in der Natur der Sache. Wichtiger sei, was man in der Regierung zusammengebracht habe, und das sei "sehr, sehr viel", zudem werde weiterhin noch vieles kommen.

Dass Nehammer offene Brocken wie das Klimaschutzgesetz oder die Reform des Amtsgeheimnisses nicht als seine Prioritäten bezeichnet hat, bringt Kogler ebenfalls nicht aus der Ruhe. Man bleibe da dran, versicherte er, und "ich glaube nicht, dass die Bedeutung heruntergespielt werden kann, weil es steht ja immerhin im Regierungsprogramm und daran orientieren wir uns".

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.