Mehr Kompetenzen

RH darf bald kleinere Gemeinden prüfen

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Die Koalition hat sich geeinigt: Die Uraltforderung des Rechnungshofs wird erfüllt. Wenn es dafür im Parlament eine Zweidrittelmehrheit gibt.

Die Koalitionsparteien haben die schon länger ins Auge gefasste Erweiterung der Kompetenzen des Rechnungshofs (RH) für Gemeinden auf den Weg gebracht. Wie SPÖ und ÖVP am Dienstag im Ö1-"Morgenjournal" bestätigten, soll über einen gemeinsamen Initiativantrag der RH künftig schon Gemeinden ab 10.000 Einwohner prüfen dürfen. Bisher hatte die Grenze 20.000 Einwohner betragen.

Uralte Forderung
Der Rechnungshof hatte diese erweiterte Befugnis schon lange gefordert, wobei RH-Präsident Josef Moser dafür plädiert hatte, die Prüfkompetenz auf Gemeinden ab einem Jahresbudget von zehn Millionen Euro auszuweiten. Stattdessen soll nun offenbar die Einwohner-Grenze sinken. Moser meinte dazu am Dienstag, das sei "sicherlich ein guter Schritt in die richtige Richtung, zu mehr Transparenz, mehr best practice", und damit positiv für die Gemeinden.

Laut "Vorarlberger Nachrichten" soll außerdem der Bundesrechnungshof von einer Landesregierung oder einem Landtag dazu aufgefordert werden können, eine Kleingemeinde, also unter 10.000 Einwohnern, zu prüfen. Dieser Schritt wäre dann anzuwenden, wenn Ungereimtheiten vermutet werden.

Zweidrittelmehrheit nötig
Die Erweiterung der RH-Kompetenzen benötigt eine Zweidrittelmehrheit im Nationalrat. SPÖ-Verfassungssprecher Peter Wittmann und sein ÖVP-Gegenüber Wilhelm Molterer kündigten Parteiengespräche auf parlamentarischer Ebene noch für diese Woche an.

"Bürokratischer Wahnsinn"
Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer ist unglücklich über die geplante Kompetenzerweiterung des Rechnungshofs. Man habe zwar nichts gegen Prüfungen, jedoch wende man sich gegen Mehrfachprüfungen "durch die Kontrollausschüsse in der Gemeinde, die Gemeindeaufsicht, die Landesrechnungshöfe, den Bundesrechnungshof und teilweise auch durch die Bezirksverwaltungsbehörden". Dies sei ein bürokratischer Wahnsinn, so Mödlhammer.

"Anschlag auf die Autonomie"
Grundsätzlich hielt der Chef des Gemeindebundes fest, dass es sich beim Gesetzesentwurf um einen "beispiellosen und verfassungsrechtlich bedenklichen Anschlag auf die Gemeindeautonomie" handle: "Hier mischen sich zwei Ebenen - nämlich Bund und Länder - in die verfassungsrechtlichen Kernkompetenzen der Gemeinden ein. Das ist bislang noch nie vorgekommen."

Ärgerlich sei auch, dass es mit Ausnahme der Einwohnerzahl künftig keinerlei sachliche Kriterien für eine Überprüfung durch den Rechnungshof geben solle. "Das wird weder eine vorbeugende, noch eine abschreckende Wirkung haben", so Mödlhammer. Irritierend sei zudem, dass man mit diesem Gesetzesentwurf einmal mehr über die Gemeinden drüberfahren wolle.

"Mickey-Mouse-Reform"
Grünen und FPÖ geht der Plan dagegen zu wenig weit. Der Grüne Vizechef Werner Kogler sieht eine "Mickey-Mouse-Reform mit drohenden Verschlechterungen". Der oberösterreichische FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner will, dass auch Gemeinden unter 10.000 Einwohnern geprüft werden, allerdings von den Landesrechnungshöfen. Und für BZÖ-Chef Josef Buchner müsste sich die Prüfung nicht an der Zahl der Einwohner sondern am Gebarungsvolumen orientieren.

Skepsis bei oö. Gemeindereferenten
Die für die 444 oberösterreichischen Gemeinden zuständigen Landesräte Josef Ackerl (S) und Josef Stockinger (V) haben sich am Dienstag skeptisch zu dem Vorhaben geäußert, dass der Bundesrechnungshof künftig Gemeinden ab 10.000 Einwohnern und nicht wie bisher erst ab 20.000 Einwohnern prüfen können soll. Das nehme man zur Kenntnis, "glücklich sind wir darüber allerdings nicht", erklärten sie in einer gemeinsamen Presseaussendung.

Die beiden Landesräte - sie sind wechselseitig für die Gemeindefinanzierung und die Gemeindeaufsicht zuständig - stellten fest, sie seien der festen Überzeugung, dass die bisherigen Aufgaben der Prüfgruppe in der Gemeindeaufsicht jedenfalls die Qualität des Rechnungshofs aufweise. Gerade in Oberösterreich gebe es eine transparente und qualitativ durchgehende Prüfreihe der Finanzen in den Gemeindestuben. Im Schnitt werde eine Gemeinde alle fünf Jahre auf Herz und Nieren geprüft. Der Landesrechnungshof sei bei Gemeindeprüfungen schon bisher gleichberechtigt und partnerschaftlich in die Gebarungsprüfung eingebunden.

Überschneidungen vermeiden
"Keinesfalls" wollen die Landesräte eine "Vielfachprüfung mit teuren Mehrgleisigkeiten". Man werde nicht zwei Rechnungshöfe auf eine Gemeinde loslassen. Wenn der Bundesrechnungshof künftig Gemeinden ab 10.000 Einwohner prüft, dann werde der Landesrechnungshof nur mehr bis zu dieser Einwohnergrenze die Gebarungsprüfung vornehmen können, wollen sie Überschneidungen vermeiden.

Ackerl und Stockinger finden es jedoch als "höchst bemerkenswert", dass sich "der Bund bei Prüfrechten wichtig machen will, anstatt den Gemeinden bei den wahren Problemen helfen zu wollen, etwa der Finanzierung der wichtigen Aufgaben im Sozial-, Pflege- und Gesundheitsbereich".

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