Der neue blaue Klubchef will zeigen, dass es hier "doch nicht so gemütlich ist".
Der Wunsch des scheidenden Vizebürgermeisters Johann Gudenus (FPÖ), Asylquartiere am "Stadtrand" einzurichten, sorgt im Rathaus für Kopfschütteln. Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) rechnete etwa am Dienstag vor, welcher Aufwand dafür getrieben werden müsse. Auch die Grünen übten Kritik. Der Wiener ÖVP-Chef und Neo-Minister Gernot Blümel ließ sich hingegen weder zu Lob noch zu Kritik hinreißen.
Im ÖVP-FPÖ-Regierungspakt findet sich der Plan, dass individuelle Unterbringung für Asylwerber künftig nicht mehr möglich sein soll. Der Noch-Vizebürgermeister ohne Ressortverantwortung - der heute zum Klubchef im Parlament gekürt wird - befand im Interview mit "Wien heute", man solle Asylwerbern zeigen, dass es hier "doch nicht so gemütlich ist", wie alle glauben würden. Welche Randbezirke er für Großquartiere konkret meinte, sagte Gudenus nicht. Er war noch 2016 vehement gegen "Massenquartiere" aufgetreten.
Die FPÖ hatte etwa gegen größere Notunterkünfte wie jenes in Liesing - das in einem ehemaligen Firmengebäude untergebracht wurde - demonstriert und damals sogar ausdrücklich die Verteilung auf kleinere Einheiten gefordert. Wie Gudenus erläuterte, bestand das Problem in Liesing nach Ansicht der FPÖ an der unmittelbaren Nähe zu Wohnbauten.
Häupl erstaunt
Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) zeigte sich am Dienstag jedenfalls erstaunt: "Bei den ungefähr 13.000 Flüchtlingen, die wir derzeit in Wien in Privatquartieren haben, da möchte ich wissen, wo die 150 Flüchtlingsquartiere oder Flüchtlingshäuser hinkommen. Vielleicht in die Sisi-Villa im Lainzer Tiergarten."
Scharfe Kritik äußerte auch die grüne Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou. Dieser Vorschlag sei nicht nur menschenverachtend, sondern auch inkompetent. Denn Flüchtlinge in Massenquartiere am Stadtrand zu zwängen, würde wohl kaum die Integration dieser Menschen fördern. "Das sind mindestens zwei Traiskirchen", veranschaulichte Vassilakou die Dimension an Personen in einer Pressekonferenz. Angesichts der Aussage des designierten FPÖ-Klubchefs im Bund sei sie froh, dass Gudenus nicht Minister geworden sei.
Kein positiver Aspekt
Der grüne Rathaus-Klubobmann David Ellensohn sieht ebenfalls keinen positiven Aspekt im "Zusammenpferchen" von Flüchtlingen. Nicht nur, dass man Menschen aus ihrer Umgebung "herausreißt", müssten zudem noch teure neue Gebäude errichtet werden. "Es gibt im Integrationskapitel, das diesen Namen nicht verdient, viele Grauslichkeiten, aber das ist der brutalste Anschlag."
ÖVP-Landesparteichef und Neo-Minister Gernot Blümel wich am Dienstag auf Journalistenfragen, was er vom Vorstoß von Gudenus halte, konsequent aus: "Ich stehe zu dem, was wir mit der FPÖ ausgemacht haben, was den Integrations- und Asylbereich betrifft". Diese "politischen Absichtserklärungen" gelte es nun baldigst, in eine konkrete gesetzliche Ausgestaltung zu bringen. Ob durch das geplante Aus für die individuelle Unterbringungsmöglichkeit von Flüchtlingen Massenquartiere die logische Konsequenz seien, beantwortete Blümel ebenso wenig wie die Frage, ob mit individueller Unterbringung lediglich Privatwohnungen oder auch NGO-Einrichtungen gemeint seien: "Das wird man sich genau ansehen."