Sigrid Maurer stand gestern vor Gericht im Kreuzverhör.
Wien. Verkehrte Welt gestern im Wiener Straflandesgericht. Um 9.30 Uhr nimmt die grüne Ex-Parlamentarierin Sigrid Maurer im Saal 211 Platz – als Angeklagte. Auf der falschen Seite, wie ihre Anwältin Maria Windhager betont: „Das ist ein einzigartiger Fall von Täter-Opfer-Umkehr.“
Am Dienstag ging Maurers Streit mit einem Wiener Craft-Beer-Shopbesitzer vor Gericht. Er klagt die Ex-Politikerin auf 20.000 €, wegen übler Nachrede und Kreditschädigung.
Hintergrund: Maurer geht am Lokal von Albert L. oft vorbei, weil sie in der Nähe wohnt. Dort sei sie im Mai von drei Männern blöd angeredet worden. Später erreichten sie zwei private Nachrichten vom Facebook-Profil des Lokals: „Du hast auf meinen Schwanz geguckt, als wolltest du ihn essen.“ Und: „Nächstes Mal darfst du ihn in den Mund nehmen.“
Shitstorm. Maurer erfährt, dass sie keine rechtliche Handhabe gegen den Mann hat. Also twittert sie seine Nachricht. Was folgt, ist ein Shitstorm gegen Herrn L. „Unser ganzes Leben ist ruiniert“, sagt seine Lebensgefährtin gestern aus. Herr L. behauptet, nicht er, sondern ein Gast habe die Nachrichten verfasst.
Indes empört der Anwalt des Klägers mit seinen Fragen: So will er etwa von Maurer wissen, warum die nicht einfach die Straßenseite gewechselt habe, wenn es ihr unangenehm war, an den Männern vorm Lokal vorbeizugehen. „Das widerstrebt meinem grundsätzlichen Gerechtigkeitssinn“, kontert sie. „Ich lasse mich nicht vertreiben.“ Und dass sie die Belästigung geoutet hat, bereut sie auch nicht: „Wir leben im Jahr 2018.“
Ein Urteil gibt es beim nächsten Prozesstag am 9. Oktober.