Austrotürken packen aus

"So landeten wir in Erdogans Kerker"

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Weil Erdogan Österreicher bespitzelt, fordert der Grüne Peter Pilz jetzt eine Reisewarnung.

„Ich wurde mit sechs anderen in eine kleine Zelle gesteckt. Es gab kein Fenster, kein Bett, das Licht war die ganze Zeit an – die Überwachungskameras ebenso“, so schildert der steirische Gastwirt Kazim Özaslan die 72 Stunden, die er im Herbst in einem türkischen Gefängnis festsaß.

Noch vor der Passkontrolle am Istanbuler Atatürk-Flughafen hatte man Özaslan, der österreichischer Staatsbürger ist, festgenommen. Verbrochen hatte der 54-Jährige nichts. Warum er festgehalten wurde, weiß er bis heute nicht. Der Grüne Peter Pilz hat allerdings einen Verdacht: Erdogan-nahe Vereine in Österreich – Pilz spricht von ­„Erdogan-Stasi“ – sollen die Austrotürken bespitzelt und die Informationen nach Ankara weitergeleitet haben.

Die beiden Erdogan-Kritiker haben nun Einreiseverbot

Özaslan bestätigt, dass er sich oft kritisch zum türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan äußert: „Ich bin ein sehr politischer Mensch und diskutiere gerne mit meinen Gästen.“ Jetzt hat er ein Einreiseverbot.

Ähnlich der zweite Fall, den Pilz am Donnerstag vorstellt: Auch der Wiener Jugendbetreuer Refet Eski (54) wollte letztes Jahr seine Familie in der Türkei besuchen, wurde aber bei der Passkontrolle in Istanbul festgenommen und für 24 Stunden eingesperrt.

Beide sind österreichische Staatsbürger, Regimekritiker und haben nun ein Einreiseverbot. Pilz kennt mindestens drei weitere Fälle und fordert von VP-Außenminister Sebastian Kurz nun eine Reisewarnung für Austrotürken.

»Ich saß in kleiner Zelle ohne Bett«

ÖSTERREICH: Wie lief Ihre Verhaftung am 28. Oktober?

Kazim Özaslan: Ich wollte einfach meine Mutter besuchen. Am Flughafen, noch vor der Passkontrolle, wurde ich plötzlich verhaftet.

ÖSTERREICH: Man hat Ihnen aber nicht gesagt, weshalb?

Kazim Özaslan: Nein, niemand hat mit mir gesprochen. Das Handy wurde mir abgenommen, ich konnte nicht einmal meiner Familie Bescheid geben. Ich saß in einer kleinen Zelle ohne Bett, die ich mir mit sechs anderen teilen musste. Darunter ein deutscher und ein US-Journalist. 24 Stunden am Tag war das Licht an, Überwachungskameras auch.

ÖSTERREICH: Sind Erdogan-kritische Äußerungen, die Sie in der Vergangenheit getätigt haben, der Grund dafür?

Kazim Özaslan: Das kann sein. Irgendjemand hat mich wohl verraten, ich weiß bis heute nicht, was passiert ist. Und jetzt darf ich nicht mehr in die Türkei. Aber ja, ich bin ein politischer Mensch, ich habe als Gastwirt sicher 200 Gäste am Tag. Mit denen diskutiere ich gerne.

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