Die ÖVP will mit einem schärferen Gewaltschutzpaket und mit niedrigeren Spritpreisen gegen die SPÖ punkten.
Dass SPÖ-Chef Werner Faymann seine Maßnahmen gegen die Teuerung ohne den Koalitionspartner beschließen will, weckt in der ÖVP Rachegelüste. „Für die ÖVP gilt das gehaltene Wort, für Faymann das gebrochene Wort“, tobt Wilhelm Molterer. Trotzdem droht der ÖVP-Chef damit, selbst das Gewaltschutzpaket mit härteren Maßnahmen ohne die SPÖ zu beschließen: „Über die Frage der parlamentarischen Vorgehensweise werde ich mit dem Parlamentsklub beraten“, sagte er.
Zwei Retourkutschen
Es werden zwei Stoßrichtungen sein, die die
Schwarzen verfolgen: Zum Einen setzt Molterer ganz auf das Thema Sicherheit.
So präsentierte er schon mit Innenministerin Maria Fekter offiziell das
umstrittenene „Kinderschänder-Wahlplakat“, das ÖSTERREICH schon am Sonntag
als Erstes abgedruckt hatte.
Härte gegen Sextäter
Konkret will die ÖVP härtere
Strafen für Sextäter und mehr Härte gegen ausländische Kriminelle.
Schmerzensgeld soll künftig der Staat vorstrecken, die Berufsverbote für
Kinderschänder sollen verschärft werden und „Hassprediger“ mit einem
Aufenthaltsverbot belegt werden. Bei der Parlamentssondersitzung, die
spätestens am 18. September stattfinden soll, könnten sie diese als erste
Retourkutsche für die SPÖ mit der FPÖ und dem BZÖ beschließen. Die
Zustimmung der Blauen stellte FPÖ-Chef Strache im ÖSTERREICH-Interview
bereits in Aussicht.
Schach dem hohen Benzinpreis
Zweite Retourkutsche: Die ÖVP will
im Kampf gegen die hohen Treibstoffpreise punkten. Molterer hatte im
ÖSTERREICH-Interview für den Fall von aufgedeckter Preistreiberei „Strafen,
dass es rauscht“, angekündigt. Tatsächlich hat ÖVP-Wirtschaftsminister
Martin Bartenstein schon einen Gesetzesentwurf in Begutachtung geschickt,
der der Bundeswettbewerbsbehörde mehr Biss verschaffen soll. Konkret soll
die BWB bei Verdacht auf Preisabsprachen Unternehmensunterlagen einsehen
können – verweigern das die Firmen, drohen saftige Strafen. Die
Begutachtungsfrist läuft am 5. September ab – also früh genug, um das Gesetz
in den beiden Parlamentssitzungen noch vor der Wahl gegen die Stimmen der
SPÖ zu beschließen. Außerdem hat Bartenstein eine Verordnung erlassen, die
Tankstellenbetreibern verbietet, täglich mehrmals die Preise zu ändern.
SPÖ-Pläne zerfleddern
Die ÖVP wirft gegen das
Fünf-Punkte-Teuerungspaket der SPÖ alles in die Schlacht. Molterer wird
Faymann am Donnerstag treffen und ihm wohl seine Kostenrechnungen entgegen
halten. Während die Sozialdemokraten beispielsweise die Kosten für die
Verlängerung der Hacklerregelung mit 300 Mio. Euro beziffern, rechnet
delikaterweise das SPÖ-geführte Sozialministerium mit 810 Millionen. Die
Mehrwertsteuersenkung für Lebensmittel beziffert die SPÖ mit 750 Millionen,
im Finanzministerium rechnet man mit über einer Milliarde.
Defizit explodiert
Somit dürfte das 1,3-Milliarden-Paket deutlich
teurer werden. Nationalbank-Vizegouverneur Wolfgang Duchatczek warnte schon
beim Forum Alpbach vor einer Explosion des Defizits: Zusammen mit der
bereits lang angekündigten Steuerreform in mehrfacher Milliardenhöhe würde
man unweigerlich „irgendwann in eine gefährliche Nähe der magischen
Drei-Prozent-Grenze kommen“, so Duchatczek. Keine Freude hat er allerdings
auch mit Molterers Ankündigung, das Ziel des ausgeglichenen Haushalts von
2010 auf 2011 zu verschieben.