Polit-Thriller

Spindi: Kampf ums Polit-Überleben

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Paukenschlag: Spindelegger versuchte, im Krisengipfel die „Westachse“ zu zähmen.

Michael Spindelegger reicht es: Der angeschlagene ÖVP-Chef rief für Sonntagabend 22 Uhr alle ÖVP-Landeschefs zum Krisengipfel nach Wien.

Der Grund: Die schwarze Westachse der Landeshauptleute Markus Wallner (Vbg.), Günther Platter (T) und Wilfried Haslauer (Sbg.) sowie der Steirer Hermann Schützenhöfer lassen seit Tagen keine Gelegenheit aus, Spindel­egger zu düpieren: Sei es in Sachen Gesamtschule oder wie Haslauer zuletzt mit seiner Forderung nach einer Vermögenssteuer: Keine inhaltliche Position Spindel­eggers bleibt ungeschoren.
Dazu kommt noch der Absturz Spindeleggers in der aktuellen ÖSTERREICH-Gallup-Umfrage, in der der ÖVP-Chef fast schon so schlecht bewertet wird wie FPÖ-Chef HC Strache.

Der Grund für die Querschüsse liegt auf der Hand:
Die Landeschefs fühlen sich von Spindelegger gelinde gesagt übergangen, im Zuge der Koalitionsverhandlungen sogar brüskiert: Waren doch ihre Kompromisse mit der SPÖ von Spindi durchwegs gekippt worden. Haslauer hatte sich zudem Hoffnungen gemacht, das neue Familienministerium nach Salzburg holen zu können.

Samstagabend startete dann der Gegenangriff: Spindi rief alle Landeschefs für Sonntag nach Wien. Warum ist klar: Den Rebellen sollte mit Rückhalt der loyalen Landesfürsten Erwin Pröll und Josef Pühringer eine Kopfwäsche verpasst werden. Dabei wollte der ÖVP-Chef offen auch mit Rücktritt drohen: Finanzminister könne er schon bleiben – den Parteichef sollte aber jemand anderer machen, wenn die Querschüsse nicht aufhören.

Spindelegger agierte freilich mit dem Hintergedanken, dass es derzeit ohnehin keine ernsthafte personelle Alternative gibt. VP-intern wird der Termin jedenfalls durchaus als Strafaktion gewertet: Dass westliche Landeschefs wie Platter am Sonntag um 22 Uhr nach Wien anzureisen hatten, um dann entweder nächtens heimzufahren oder in Wien bleiben zu müssen, sollte eine Machtdemonstration sein.

Schon im Vorfeld des Treffens war es am Rande der Amtseinführung des neuen Salzburger Erzbischofs Franz Lackner in der Mozartstadt bereits zu einem Treffen Spindis mit Platter, Haslauer und Schützenhöfer gekommen – und offenbar zu einem ersten Krach: Man saß dann später mit steinernen Mienen nebeneinander im Dom.
Schon im Vorfeld des Krisengipfels waren andere Parteigranden bereits um Schadensbegrenzung bemüht und versuchten, die ausbrechende Obmanndebatte abzubrechen. Und so sah es vor Sitzungsbeginn sehr wohl so aus, als ob Spindel­egger vorerst im Amt bleibt.


(knd, gü)

 

Um diese Themen wird in der ÖVP gestritten

Querschüsse aus den Bundesländern brachten Spindelegger unter Druck.                                                                                    Mit diesen Wünschen zündeten die Länder die Obmann-Debatte an:

  • Schule: Vier Bundesländer wünschen sich Modellregionen für eine gemeinsame Schule.
  • Steuern: Wirtschaftskammer-Chef Leitl tobt über wirtschaftsfeindliche Steuern. Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer will Vermögenssteuern.
  • Öffnung der Partei: Steirische VP-Politiker drängen darauf, dass der Bund Blockadehaltungen beendet.

Busek: "Obmann-Debatte voll in Gang"

ÖSTERREICH: Wie schätzen Sie die derzeitige Situation in der ÖVP ein?
Erhard Busek: Die ganze Sache ist mehr als peinlich, weil es zeigt, dass die Diskussionskultur in meiner Partei nicht existiert. Wozu sind denn die Landeshauptleute so stark in die Regierungsbildung eingebunden worden, wenn sie nachher draufkommen, was gescheiter ist?

ÖSTERREICH: Reagiert der Parteiobmann geschickt auf die Querschüsse?
Busek: Dem werden langsam die Nerven auch kurz. In Wirklichkeit ist das das Ergebnis einer Linienlosigkeit.

ÖSTERREICH: Wie schätzen Sie Spindeleggers derzeitige Position ein?
Busek: Ich glaube nicht, dass sie ihn demontieren wollen. Sie tun es aber.

ÖSTERREICH: Spindelegger meint, die Situation würde sich schon wieder entspannen.
Busek: Das halte ich für einen großen Irrtum. Das hat begonnen, das vergeht nicht. Er lanciert ja bereits Fluchtmechanismen, wie die Idee, dass er EU-Kommissar wird.

ÖSTERREICH: Die Obmann-Debatte ist in vollem Gang?
Busek: Nicht bewusst, aber es ist so. Auch wenn jetzt alle Landesobleute erklären: Wir stehen geschlossen hinter dem Parteiobmann, sage ich Ihnen: Das ist die gefährlichste Position überhaupt. Ich kenne den Lauf.

(knd)

Drexler: "Diskussionskultur einfordern"

ÖSTERREICH: Kann man sagen, dass es aus Sicht der ÖVP ein holpriger Start der neuen Regierung war?
Christopher Drexler: Ich würde das nicht auf die ÖVP beschränken. Der Start ist gelinde gesagt suboptimal gelaufen. Zumindest bis jetzt wurde die Chance vergeben, in der Republik einige wesentliche Reformen zu machen. Dass das auch an der SPÖ liegt, ist evident.

ÖSTERREICH: Salzburgs Landeschef Wilfried Haslauer kann sich unter bestimmten Voraussetzungen eine Vermögenssteuer vorstellen. Gilt das auch für die steirische Volkspartei?
Drexler: Dazu möchte ich nichts sagen. Aber eine offene Diskussionskultur ist insgesamt einzufordern. Es geht einfach nicht so, dass man ex cathedra vorgibt, sondern man muss innerhalb der ÖVP mit Sicherheit zu einer neuen Diskussionskultur finden.

(fuw)

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