Eine Stimme zu wenig für Kommunistin Kahr: "Für mich keine Tragik, aber Spielereien unverständlich" - Grüne weisen Verhinderer-Verdacht von sich.
Im fünften und letzten Wahlgang ist Freitagnachmittag in Graz Martina Schröck (S) mit der hauchdünnen Mehrheit von einer Stimme zur Bürgermeisterstellvertreterin gewählt worden. Davor hatte die Mehrheit im Gemeinderat wiederholt verhindert, dass mit Elke Kahr erstmals eine Kommunistin "Vize" in der zweitgrößten Stadt Österreichs wird. Mit 22,72 Prozent war die KPÖ am 25. November 2012 zur zweistärksten Kraft geworden.
Nach der Wiederwahl von VP-Bürgermeister Siegfried Nagl mit 31 von 48 Stimmen, also mithilfe von SPÖ und FPÖ, die ja mit der ÖVP ein Arbeitspapier ("Stabilitätspakt") unterfertigt hatten, war Elke Kahr am Donnerstag in den ersten beiden Wahlgängen auf nur 20 bzw. 21 Stimmen gekommen. Dieses Stimmverhalten deckte sich nicht mit den Bekundungen der Parteien: FPÖ, Grüne und der Vertreter der Piratenpartei hatten im Vorfeld Unterstützung signalisiert, in der SPÖ war das Stimmverhalten freigestellt worden. Nur die ÖVP hatte "Njet" zu "Don Camillo und Peppona" gesagt: "Der Kommunismus ist im 21. Jahrhundert kein Zukunftsmodell, und auch die Erfahrungen der vergangenen Jahre sprachen nicht dafür", erläuterte Nagl.
Nach einer statutengemäßen Unterbrechung wurde die konstituierende Sitzung am Freitag, 14.00 Uhr, fortgesetzt. Im dritten Wahlgang kam Kahr auf 23 Stimmen - dabei blieb es auch in den beiden folgenden Runden, bei denen dann die SPÖ Martina Schröck ins Rennen schickte: Schröck obsiegte schlussendlich mit 24 zu 23 Stimmen bei einer ungültigen Stimme. (Bei einem Gleichstand in der Stichwahl hätte sich Kahr als Nominierte der mandatsstärkeren Partei durchgesetzt, Anm.) Aufgrund des Umstandes, dass bei den ersten beiden Wahlgängen am Donnerstag von den Grünen zugegebenermaßen nur fünf von sechs Stimmen gekommen waren, fiel der Verdacht, Kahr letztlich durch ein ungültiges Votum verhindert zu haben, auf die Öko-Partei. Deren Klubobmann Gerhard Wohlfahrt dementierte.
"Für mich ist es keine Tragik, aber die Leute verstehen diese Spielereien nicht", kommentierte Elke Kahr (K) ihr Scheitern. Die ihr vorgezogene neue Bürgermeisterstellvertreterin Martina Schröck - ihre Partei war bei der Wahl am 25. November 2012 von 17,51 auf 13,31 Prozent zurückgefallen - sprach von einer "ganz neuen, herausfordernden Situation" im Gemeinderat, bei der man künftig "viel diskutieren und auch streiten müsse, um Lösungen zu finden."
Bei der Wahl zu den übrigen fünf Stadtsenatsmitgliedern, bei der statutengemäß nur Pro-Stimmen zählten, wurden Gerhard Rüsch und Detlev Eisel-Eiselsberg (beide V), Lisa Rücker (G) und Elke Kahr einstimmig gewählt, Mario Eustacchio (F) musste auf neun Stimmen aus grünen und kommunistischen Reihen verzichten und kam auf 39 Voten.