Kommt die Ehe zu dritt?

SPÖ will - ÖVP & Grüne trauen sich nicht

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SPÖ, ÖVP & Grüne regieren Kärnten - Viele hoffen auf ,Kenia-Koalition‘ im Bund. 

Österreich soll quasi bald Kenia werden. Die Flagge des ostafrikanischen Landes — Rot-Schwarz-Grün – dient als Vorbild für eine neue Regierung ab Herbst: Denn in Klagenfurt gibt es „Kenia“ seit vergangener Woche. Mit Höchsttempo haben SP-Chef Peter Kaiser, VP-Landesrat Wolfgang Waldner sowie der Grüne Rolf Holub die neue Zusammenarbeit aus der Taufe gehoben, ohne Polit-Hickhack und Blockaden.

Regierung fiel im Herbst unter die 50 %-Marke
Sehnsüchtig schauen viele deshalb nach Klagenfurt, wenn es um die Frage geht, welche Regierung nach der Nationalratswahl ran soll. Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller sagt offen im ÖSTERREICH-Interview: „Kenia“ könne „positiv“ sein und Blockaden beseitigen – von der Bildung über das Spekulationsverbot bis zur Staatsreform (Seite 14).

SPÖ liebäugelt seit Herbst mit Dreier-Regierung
Burgstaller spricht offen aus, was in der SPÖ schon seit vergangenem Herbst auf dem Tapet ist: Damals fielen SPÖ und ÖVP unter die 50 %-Marke, hätten also keine Mehrheit mehr. Deshalb sollen die Grünen in die Regierung geholt werden: Schließlich kennen Werner Faymann (SPÖ), Michael Spindelegger (ÖVP) und Eva Glawischnig (Grüne) einander gut. Als im vergangenen Jahr der Euro-Rettungsfonds ESM als Verfassungsgesetz verhandelt wurde, saßen die drei stundenlang zusammen – und schafften dann die Einigung.

Aber: Es sind auch diese Verhandlungen welche, die sowohl Spindelegger als auch Glawischnig skeptisch machen: Denn mit Faymann hätte sich die Grüne rasch geeinigt, es sei immer wieder die ÖVP gewesen, bei der man auf Granit gebissen habe. Spindelegger sagt: „Kärnten ist ein Sonderfall“ (siehe links). Warum ist klar: Droht doch die ÖVP gerade in der für ihre Lehrer-Klientel so wichtigen Bildungsfrage gegen Rot und Grün unter die Räder zu kommen.

Hat „Kenia“ deshalb ausgedient? Keineswegs. Laut letzter Gallup-Umfrage für ÖSTERREICH liegen SPÖ & ÖVP zusammen bei 53 % – der Polster zur 50 %-Marke war schon mal dicker. Und: Bei großen Reformen muss man ohnehin immer wieder die Grünen hereinholen. Warum, so sagen viele in der SPÖ, also nicht gleich?

Spindelegger: »Kein Vorbild für den Bund«
ÖSTERREICH:
In Kärnten wird nun eine rot-schwarz-grüne Koalition regieren. Ist das für Sie auch ein Modell für den Bund?
Michael Spindelegger:
Das ist kein Vorbild für den Bund. Kärnten ist ein Sonderfall. Dort wurde ein korruptes Regime um Dörfler und Scheuch abgewählt. Die konstruktiven Kräfte versuchen nun einen Neustart. Österreichs Stärken waren immer seine Stabilität und Berechenbarkeit.

ÖSTERREICH: Wenn Kärnten „korrupt“ war, wie sehen Sie denn dann die Strache-FPÖ?
Spindelegger:
Strache sollte endlich die parteiinterne Nabelschau beenden. Ein so schlechtes Krisenmanagement wie jenes der FPÖ habe ich noch nicht erlebt. Die politische Versorgung von Altpolitikern im Bundesrat als Erfolg zu verkaufen, kann nicht funktionieren.

ÖSTERREICH: In der Regierung geht aber auch nicht viel weiter? Da herrscht Eiszeit …
Spindelegger:
… Eiszeit herrscht derzeit nur beim Wetter, nicht in der Regierung. Wir haben noch einiges vor: Umsetzung des Wirtschaftspaketes, damit neue Arbeitsplätze entstehen. Beim Thema Wohnen möchte die Regierung noch einiges erreichen. Gleich nach Ostern. Ich möchte über die Pensionskassen 2 Mrd. Euro in den Wohnbau investieren. Die SPÖ signalisiert hier Bewegung. Großartig.

ÖSTERREICH: Trotzdem sind SP und VP meist uneins …
Spindelegger:
Wir haben viel erreicht: Reformprogramm mit Nulldefizit 2016. Verankerung der Schuldenbremse – also keine neuen Schulden ab 2016. Eigentlich kann man sagen: Solide Regierungsarbeit mit schlechtem Regierungsmarketing. Woran das liegt? Ein Beispiel: Die letzte Regierungsklausur wurde von langer Hand vorbereitet. Es ging um ein umfassendes Wirtschaftspaket. Kurz vorher ging die Bildungsministerin mit persönlichen Forderungen in die Öffentlichkeit. Ergebnis der Klausur: Streit in der Regierung. Die guten Ergebnisse traten in den Hintergrund. So geht’s nicht.

Glawischnig: 
»Bin skeptisch 
wegen ÖVP«
ÖSTERREICH:
In Kärnten startet erstmals in der Geschichte eine Dreierkoalition. Ist das ein Vorbild für die Bundespolitik?
EVA GLAWISCHNIG:
Das hängt sehr vom Willen der Beteiligten ab. Rot und Schwarz haben gezeigt, dass jahrelange Konflikte auch in einer Zweierkoalition zum Stillstand führen können. In Kärnten ist der Wille zur Zusammenarbeit ja da.

ÖSTERREICH: Im Bund nicht?
GLAWISCHNIG:
Mein Wahlziel ist eine neue Mehrheit, sodass sich eine Zweierkoalition mit den Grünen ausgeht.

ÖSTERREICH: Und wenn es sich nicht ausgeht? „Kenia“ auch im Wiener Parlament?
GLAWISCHNIG:
Da bin ich skeptisch. Die Bundes-ÖVP unterscheidet sich doch sehr deutlich von der Kärntner VP. In allen Verhandlungen um Verfassungsmehrheiten hätten wir mit der SPÖ viel zusammengebracht. Es war immer die ÖVP, die blockiert hat. Auch bei der Bildung. Die ÖVP müsste extrem über ihren Schatten springen und ihre Lobbyisteninteressen hintanhalten. Das sehe ich derzeit nicht.

ÖSTERREICH: Sie wollen, dass sich Rot-Grün ausgeht?
GLAWISCHNIG: Das wäre mir am liebsten. Wir erleben derzeit ein Jahr großer Veränderungen, die Chancen für einen Neustart in Österreich sind intakt.

ÖSTERREICH: Da müssten Sie aber enorm zulegen …
GLAWISCHNIG:
Mein Ziel sind mindestens 15 Prozent, also unsere Umfragewerte auch ins Ziel zu bringen. Eines muss auch klar sein: Wenn wir in eine Regierung gehen, dann ist eine Erneuerung Bedingung: radikale Transparenz, U-Ausschüsse als Minderheitenrecht.

ÖSTERREICH: Wollen Sie die FPÖ überholen?
GLAWISCHNIG:
Bei den Jungwählern haben wir die FPÖ in Kärnten und Niederösterreich überholt. Das wollen wir auch in Tirol, Salzburg und im Bund schaffen.

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