Spekulations-Affäre

Staat zockte mit 10 Mrd.-Kredit

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Pröll ernennt eine Expertengruppe, Faymann lädt zum Gipfel. Doch die Spekulationen der Regierung waren viel höher als bisher vermutet.

Die Regierung versucht derzeit, den Streit um die Spekulationsverluste so gut wie möglich zu verbergen. Bereits Montagabend trafen sich Kanzler Faymann und Finanzminister Pröll zur Aussprache im Bundeskanzleramt. Doch auch beim gestrigen Sommerministerrat war die Anspannung zwischen beiden weiter spürbar.

Finanzminister Josef Pröll ernennt Expertengruppe
Pröll präsentierte im Ministerrat sechs renommierte Finanzexperten, um bis Oktober neue Gesetze für die Veranlagung von Steuergeld zu erreichen.

Pröll: "Wir haben außer Streit gestellt, dass auch in Zukunft Steuergeld veranlagt werden soll. Das ist richtig und dient einzig und alleine dem Zweck, den Steuerzahlern Geld zu ersparen. Klar ist aber, dass wir bessere Regeln in Bezug auf die Veranlagungen brauchen.“

Der Finanzminister will folgende Änderungen:

  • Es dürfen nicht nur Rating-Agenturen zur Bewertung herangezogen werden.
  • Die Arbeitsgruppe soll ein Instrumentarium zur Risikominimierung ausarbeiten.

Staat nahm 10 Milliarden Kredit für Spekulation auf
Neue Recherchen von ÖSTERREICH ergeben freilich, dass die Spekulationsverluste der Regierung in den Jahren von 2007 bis 2008, also in der Ära Molterer, viel dramatischer sind als bisher angenommen.

Laut neuesten Unterlagen hat die „Bundesfinanzierungs-Agentur“ (ÖBFA) alleine im Jahr 2007 Kredite in der unvorstellbaren Höhe von 10 Milliarden Euro (!) aufgenommen.

Von diesen 10 Milliarden Euro Kredit wurden etwa 7 Milliarden wie in einem Casino zur Hochrisiko-Spekulation verwendet.

Konkret wurde von der ÖBFA im Auftrag des Finanzministeriums das auf Kredit (für 4 bis 5 % Zinsen) aufgenommene Geld in Steuerparadiesen wie den Cayman Islands angelegt, wofür es zwischen 8 und 10 Prozent Zinsen hätte geben sollen. Die Zins-Differenz – zumindest 3 Prozent - verbuchte die ÖBFA für das Finanzministerium und damit für unser Budget als "Gewinn“. Pro angelegter Milliarde wurde damit - in Hochkonjunktur-Zeiten - ein Gewinn von 30 Millionen Euro und mehr erzielt.

Insider halten Verluste bis zu 1 Milliarde für möglich
Weil auf den Cayman Islands keine Steuer gezahlt werden musste – und die Republik Österreich Kredite in diesem „Steuerparadies“ angelegt hat –, dürfte der Gewinn höher gewesen sein. Insider halten bis zu 50 Millionen Euro Gewinn-Chance pro angelegter Kredit-Milliarde für möglich. Bei 7 angelegten Milliarden zockte der Finanzminister zwischen 200 und 350 Millionen Euro Zins-Gewinn ab.

Wie meist bei riskanten Casino-Geschäften hatte die Republik Pech. Nur ein bis zwei Monate nachdem die ÖBFA ab Anfang 2007 bis zu 15 Milliarden Euro (gut 5 Milliarden Cash und 10 Milliarden Kredite) veranlagt hatte, brach der Finanzmarkt zusammen. Und die in Hochrisiko-Papieren angelegten Milliarden produzierten Verluste.

Bis jetzt kann niemand im Finanzministerium genau abschätzen, wie viele Millionen wirklich verloren gingen. Pröll spricht von "rund 300 Millionen“, die ÖBFA selbst „von über 400 Millionen“. In Wahrheit - schätzen mittlerweile Insider des Finanzministeriums - könnte der Verlust bei bis zu 1 Milliarde Euro liegen.

Eine eigene Sondersitzung des Rechnungshof-Ausschusses soll noch im August Licht in das Dunkel der Verluste bringen. Es droht ein Debakel...

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