FPÖ-Chef im Interview

Strache zu Kickl-Affäre: 'Das ist Unsinn'

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Straches Aufreger-Woche: In ÖSTERREICH weist er Zensur-Vorwürfe gegen Kickl zurück.

Die umstrittene Mail aus dem Innenministerium an Polizei-Pressesprecher löste diese Woche Empörung aus: „Frontalangriff gegen die Pressefreiheit“, hieß es. Kickls Sprecher empfiehlt in dem Schreiben der Polizei einen selektiven Umgang mit Medien. FPÖ-Parteichef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache sieht in der „Aufregung“ eine „Kampagne“. Das ÖSTERREICH-Interview zu der Affäre, über den Kern-Abgang und die neue SPÖ-Chefin.

Strache: "Kickl macht eine hervorragende Arbeit"

ÖSTERREICH: Der Aufreger der Woche war zweifellos die Diskussion über mögliche Medienzensur durch das Innenministerium, ein Schreiben vom Ministersprecher sorgte für Schlagzeilen. Hat Kickl sein Ressort noch im Griff?

Heinz-Christian Strache:  Eines will ich gleich vorab klarstellen. Die Medienfreiheit in Österreich ist in keinster Weise in Gefahr, das ist kompletter Unsinn. Bei dem besagten Mail, das (an neun Landespressesprecher, Red.) verschickt wurde, handelt es sich um ein informelles Schreiben eines Pressemitarbeiters. Darin werden zahlreiche aktuelle  Themen angesprochen, das sind Anregungen und Kommentare, ohne jeden Verbindlichkeits- und schon gar keinem Weisungscharakter.  Klar ist: Die Pressefreiheit ist unantastbar, ein öffentlicher Grundpfeiler unserer demokratischen Gesellschaft. Es braucht natürlich einen vertrauensvollen Umgang mit allen Medien und der ist uns auch wichtig. Eine Einschränkung der Pressefreiheit ist absolut undenkbar.

ÖSTERREICH: Kickl-Kritiker sehen das deutlich anders …

Strache: Ich habe in meinem Leben selten eine so große Kampagnisierung  wie gegen den Innenminister erlebt. Da hat man schon den Eindruck, dass sich hier manche den Innenminister zum Zielobjekt ausgesucht haben, einfach weil er eine hervorragende Arbeit macht. So etwa im Bereich der Sicherheitsoptimierung, beim Stopp der illegalen Zuwanderung oder beim Asyl, wo rechtmäßig aberkannte Asylwerber konsequent außer Landes gebracht werden.  Offensichtlich hat man sich Kickl aus politischen Überlegungen zum Zielobjekt ausgesucht.

ÖSTERREICH: Ist Kickl angeschlagen?

Strache: Nein, im Gegenteil.

ÖSTERREICH: Trotzdem haben Bundespräsident und Kanzler Kurz scharf zu der Affäre Stellung bezogen. Hat Sie Kurz eigentlich anrufen, als die Sache explodierte?

Strache: Bundespräsident und Kanzler sagen in dieser Geschichte genau das, was auch Innenminister Kickl und ich sagen, dass die Pressefreiheit unantastbar ist. Hier werden Dinge unterstellt, die nicht den Tatsachen entsprechen. In dem Mail geht es darum, dass es zukünftig eben keine Zensur mehr geben wird. Dann nämlich, wenn es um Straftaten im Bereich der Sexualdelikte geht. Die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf zu erfahren, welcher Herkunft die Täter sind. Das wurde in der Vergangenheit verschwiegen.

ÖSTERREICH: Also kein Sand im Getriebe der Koalition?

Strache: Nein.

ÖSTERREICH: Sie betonen stets, dass die meisten Reformen aus dem FPÖ-Ressort kommen, ihre Minister die bessere Arbeit machen.  Wie wird das in den nächsten Monaten aussehen?

Strache: Man muss festhalten, dass diese Regierung in den ersten Monaten sehr viel Positives auf den Weg gebracht hat. Wir haben in den ersten neun Monaten deutlich mehr umgesetzt und auf die Reise gebracht, als die Vorgängerregierungen in den vergangenen 10 Jahren. Das sage ich voller Stolz. Wir haben auch keinen Zeitdruck. Es sollen ja gute, nachhaltige Entscheidungen sein, die im Interesse der Menschen sind. Wir gehen nach der inhaltlichen Qualität vor, das ist das Entscheidende, nicht die Geschwindigkeit.

ÖSTERREICH: Medial räumt aber stets Kurz & Co ab, nicht Sie?

Strache: Das sehe ich ganz und gar nicht so. Ich sehe, dass die Medien da und dort den Eindruck vermitteln, es gäbe für alle positiven Entscheidungen und Errungenschaften nur eine Person, die das sicherstellt. Die Leute merken aber sehr wohl, dass die Freiheitliche Partei der treibende Reformmotor im Land ist. Nur mit uns Freiheitlichen sind Reformen möglich, die Rot und Schwarz 13 Jahre lang verschlafen haben. Egal, ob das die Grenzsicherung ist, der Stopp der illegalen Migration, mehr Planstellen für die Exekutive, ein strengeres Fremden- und Sexualstrafrecht, oder auch die größte Familiensteuerentlastung, die es je gegeben hat. All das haben wir 13 Jahre lang in der Opposition gefordert. Genau das bringen wir jetzt in Umsetzung. Wir entlasten die kleineren und mittleren Unternehmer, streichen die Zahlungen zur Arbeitslosenversicherung für Bezieher kleiner Einkommen, oder die passen die Pensionen der Inflation an. Weiters werden wir bis 2020 die  Mindestpension auf 1.200 Euro anheben. All das sind zutiefst Freiheitliche Forderungen. Ohne einer FPÖ in der Regierung wäre das alles nicht möglich. Das sehen auch die Menschen.

ÖSTERREICH: Wo sollen die ÖVP-Minister nachziehen? Gibt Kritik an den einen oder anderen, etwa am  Justizminister …

Strache: Nein, keine Kritik. Jeder Minister hat seinen klaren Arbeitsauftrag. Jetzt geht es um die Umsetzung in allen Ministerien. In Bereich der Sozialversicherungen haben wir zum Beispiel eine seit Jahrzehnten auf dem Tisch liegende Freiheitliche Forderung umgesetzt. Es war ja unter SPÖ-Regierungen undenkbar, dass die Sozialversicherungsträger von 21 auf fünf reduziert werden. Wir haben das zustande gebracht. Das zeigt, welche Kraft da im positiven Sinn dahinter steht. Jetzt geht es auch darum, die Gesetzesflut, die da und dort noch vorhanden ist, aufzuarbeiten, und unnötige Gesetze abzuschaffen. Hier ist der Justizminister gefordert.

ÖSTERREICH: Wie sieht’s mit der Mindestsicherung aus und werden Flüchtlinge in Zukunft weniger bekommen?

Strache: Wir haben keinen Zeitdruck, es geht um Qualität. Bei der Mindestsicherung „Neu“ sollen jene Menschen besser gestellt werden, die in unser System eingezahlt haben. Im Hinblick auf Fairness und Gerechtigkeit müssen diese besser gestellt werden gegenüber jenen, die nichts beigetragen und keinen Tag gearbeitet haben. Das muss sich im neuen und gerechteren Gesetz widerspiegeln.

ÖSTERREICH:  Also die Harmonie passt noch zwischen Kurz und den Strache-Ministern?

Strache: Wir haben exzellente Persönlichkeiten in der Freiheitlichen Regierungsmannschaft. Schauen Sie sich doch an, was im Familienministerium gelungen ist. Auch im Bereich der abgelehnten Asylwerber, die konsequent außer Landes gebracht werden, haben wir einen Anstieg von plus 42 Prozent. Im Bereich der Sicherheit ist spürbar etwas weitergegangen. Genauso im Infrastruktur-Ministerium von Norbert Hofer. Die Sozialministerin hat hervorragende Arbeit geleistet, oder Mario Kunasek im Verteidigungsressort. Wir haben, was die Persönlichkeiten betrifft, die erfahreneren Leute in den Ministerien. Profis, die politische Erfahrung mitbringen. Die Sozial-und Gesundheitsministerin ist zwar keine gelernte Politikerin, aber eine exzellente Fachexpertin. Sie hat sich großartig entwickelt, genauso wie Außenministerin Karin Kneissl, die international geschätzt wird. Wir leisten unseren Teil, genauso die ÖVP-Minister.

ÖSTERREICH: Der EU-Wahlkampf steht an. Hat sich Ex-Trump-Berater Steve Bannon schon bei Ihnen gemeldet?

Strache: Nein, ich habe mit ihm nie gesprochen und kenne ihn nicht persönlich. Fakt ist aber, dass wir in Europa eine Vielzahl von Freiheitbewegungen haben und niemanden brauchen, der uns gute Ratschläge erteilt. Wir sind selbst eine erfolgreiche Bewegung in Europa und haben ebensolche Partner. Mit diesen Partnern werden wir gemeinsam das erfolgreiche Projekt der positiven Veränderung EU-Europas vorantreiben. Ich weiß nicht, welchen Beitrag da ein Herr Bannon leisten könnte. Ich hab‘ eher den Eindruck, er möchte Beratungsaufträge an Land ziehen, sprich Geld verdienen.

ÖSTERREICH: Ihr Freund Matteo Salvini ist extrem EU kritisch, Sie auch?

Strache: Salvini steht, wie wir, zum Friedensprojekt Europa. Ich kenne niemanden bei meinen Partnern, der die Europäische Union zerstören will, das ist ein Unsinn. Wir wollen ein Europa der Vaterländer, ein Europa, das den Bürgern zu dienen hat und kein Europa zum Selbstzweck. Wir wollen ein föderales Europa und keinen zentralistischen Bundesstaat. Wir wollen es so, wie Juncker es formuliert hat: Die Wirtschaft und den Schutz der Außengrenzen soll Brüssel übernehmen, der Rest soll zurück in die Verantwortung der Mitgliedsstaaten. Das würde die Akzeptanz EU-Europas bei der Bevölkerung weiter vertiefen. Beim Außengrenzschutz hat Europa in den vergangenen Jahren einfach versagt, da wurden große Aufgaben nicht bewältigt. Daran müssen wir arbeiten.

ÖSTERREICH: Vilimsky, Karas und Kern. Wer wird bei der EU-Wahl die Nase vorne haben?

Strache:  Man sagt ja immer, dass man einen guten Roten am Abgang erkennt. Das ist Kern nicht gelungen, denn er war auch im Abgang nicht gut. Das ist aber nicht meine Sorge. Fakt ist, dass er Wettschulden bei mir hat. Kern hat bei einer ORF-Sendung mit mir um eine Flasche Rotwein gewettet, dass er länger Parteichef sein wird als ich. Ich habe damals diese Wette amüsiert angenommen und bin überzeugt, dass er seine Wettschulden demnächst einlösen wird. Aber zurück zur EU-Wahl, die für die Zukunft Europas entscheidend sein wird. Die Frage ist, wollen wir das falsche Polit-Konzept der Massenmigration verlängern, oder die Außengrenzen schützen und illegale Migration stoppen. Meine europäischen Partner und ich sind jedenfalls überzeugt, dass man diesen falschen Merkel-Macron-Kurs bei der Wahl korrigieren kann.

ÖSTERREICH: Körperlich haben Sie in den vergangenen Monaten sieben Kilo abgespeckt. Wieder fit, Herr Vizekanzler?

Strache: Siebeinhalb Kilo sind schon weg. Zurzeit habe ich aber eine Verkühlung und muss deshalb mein Sportprogramm aussetzen, bis ich wieder gesund bin. Mein Sportprogramm ist aber leicht erklärt. Ich kommen ja aus dem Leistungssport, war in einem Sportinternat, habe immer drei bis fünf Mal pro Woche trainiert. Vergangenes Jahr, mit dem Eintritt in dem Wahlkampf und mit der neuen Verantwortung als Vizekanzler, bin ich monatelang nicht dazu gekommen, Sport zu betreiben. Jetzt, wo sich alles eingespielt hat, habe ich eine bessere Zeiteinteilung und sorge dafür, dass ich neben einer gesunden Ernährung auch wieder mindestens drei Mal die Woche Sport betreibe. 45 Minuten Kraftzirkel für den ganzen Körper mit wenig Gewichten, mit vielen Wiederholungen. Danach 30 Minuten auslaufen oder mit dem Fahrrad fahren, um das Kardioprogramm anzuhängen. Das ist wichtig, man braucht den Ausgleich, auch, um im Kopf frei zu sein. Man muss fit sein, um all die Belastungen bewältigen zu können.

ÖSTERREICH: Wären Sie lieber Finanzminister geworden?

Strache: (Lacht). Als Vizekanzler ist man, so oder so, in der Gesamtverantwortung mit dem Bundeskanzler. Es geht darum, die Arbeit aller Ministerien inhaltlich und qualitativ zu begleiten. Der Kanzler und ich gehen sehr respektvoll miteinander um. Darüber hinaus habe ich noch mein eigenes Ressort mit Sport und dem öffentlichen Dienst, da geht jetzt endlich etwas weiter. Es geht darum, das wach zu küssen, was 20 Jahre im Winterschlaf war.

ÖSTERREICH: Finden Sie, dass der Kanzler manchmal etwas zu aktiv ist?

Strache: Nein, nein. Wir sind alle dafür bekannt, dass wir fleißig sind und unsere Verantwortung und Aufgabe ernst nehmen. Wir arbeiten mit Leidenschaft, weil es wichtig ist, im Interesse der Menschen etwas weiter zu bringen. Klar ist, wo hart gearbeitet wird, da fallen manchmal auch Späne. Ich denke aber, dass alle spüren, dass wir es ernst und ehrlich meinen. Wir sind mit dem Herz dabei.

ÖSTERREICH: Die SPÖ hat jetzt eine neue Spitze?

Strache: Da ist natürlich die Angelegenheit der SPÖ. Jetzt ist die engste Vertraute von Christian Kern SPÖ-Chefin. Damit ist klar, dass der Kurs von Kern seine Fortsetzung findet. Frau Joy Pamela Rendi-Wagner ist sicher eine gute Ärztin und kennt sich im Gesundheitsbereich aus. Rhetorisch ist sie so wie Kern begabt. Wenn es aber um die Bodenständigkeit geht, dann hat sie schon ihre Schwierigkeiten, das zeigt auch die SPÖ-interne Kritik von der Basis. Die meinen offenbar, dass sie „BoBo“-artig abgehoben ist. Aber es ist nicht meine Aufgabe, das zu beurteilen.

Video zum Thema: Strache zeigt sein Workout

Strache: So läuft sein Zirkeltraining

Der ORF filmte den Vizekanzler beim Work-out im Fitnesscenter. In ÖSTERREICH erklärt er sein Trainings-Programm:

  • Über Abnehmen: „Siebeneinhalb Kilo sind schon weg. Vergangenes Jahr, mit der neuen Verantwortung als Vizekanzler, bin ich monatelang nicht dazu gekommen, Sport zu betreiben. Jetzt, wo sich alles eingespielt hat, habe ich eine bessere Zeiteinteilung und sorge dafür, dass ich neben gesunder Ernährung mindestens drei Mal die Woche Sport betreibe.“
  • Über Training: „45 Minuten Kraftzirkel für den ganzen Körper mit wenig Gewichten, aber vielen Wiederholungen. Dann 30 Minuten auslaufen oder mit dem Fahrrad fahren, um das Kardioprogramm anzuhängen. Man braucht den Ausgleich, auch, um im Kopf frei zu sein.“
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