Ablehnung gesunken

Umfrage: Jeder Fünfte will "starken Führer"

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22 % wollen einen starken Führer haben, der sich nicht um ein Parlament und Wahlen kümmern muss.

Am heutigen 4. März wird der Ausschaltung des Parlaments durch die Regierung Dollfuss im Jahr 1933 gedacht. 90 Jahre später zeigte sich in einer von SORA für den ORF durchgeführten Umfrage 80 Prozent überzeugt, dass die Demokratie die beste Regierungsform ist. Insgesamt ist diese Überzeugung gleich weit verbreitet wie 2007, aber damals war sie gefestigter. Und die Idee vom "starken Führer" wird seltener abgelehnt. Dass man einen solchen haben sollte, denken 22 Prozent.

Die "volle" Zustimmung zur Demokratie als bester Staatsform fiel bei der - im Jänner unter 1.005 über 16-jährigen Menschen mit Wohnsitz in Österreich ab 16 Jahren telefonisch und online durchgeführten - Umfrage mit 54 Prozent um einiges geringer aus. Bei einer vergleichbaren Umfrage 2007 stimmten noch 62 Prozent "voll" zu.

Nur 46 Prozent. lehnen starken Führer völlig ab

Als alternative Regierungsform steht eine Expertenregierung an erster Stelle: Mit 47 Prozent fand sie bei knapp der Hälfte Zustimmung. Aber immerhin 22 Prozent denken, dass man einen starken Führer haben sollte, der sich nicht um Parlament und Wahlen kümmern muss. Im Vergleich mit 2007 sticht laut SORA hervor, dass die Ablehnung dagegen gesunken ist: Haben vor 16 Jahren noch 61 Prozent der Menschen einen "starken Führer" "völlig" abgelehnt, sind es derzeit 46 Prozent.

Die Umfrage zeigte aber klar: Wenn sich die Menschen direkt zwischen zwei Regierungsformen entscheiden müssen, gewinnt die parlamentarische Demokratie. Am nächsten kam ihr noch eine überparteiliche Regierung der besten Köpfe (mit 36 Prozent zu 49 für die Demokratie). Gegen eine Regierung aus erfahrenen Managern gewann die Demokratie 63:21. Die Entscheidung zwischen Klimaschutz-Regierung, die ohne Parlament handeln kann, und dem bestehenden System ging mit 17: 71 pro Demokratie aus. Noch klarer fiel das Votum zwischen Demokratie (78 Prozent) und einer Diktatur auf Zeit (11 Prozent) aus.

Groß ist jedoch der Wunsch nach mehr Mitbestimmung der Bürger. In der Gegenüberstellung parlamentarische Demokratie und direktere Demokratie nach Schweizer Vorbild gewann letztere mit 63 zu 26 Prozent.

Demokratische Prinzipien  

Die demokratischen Prinzipien stehen aber selbst für jene Menschen kaum zur Diskussion, die sich autokratische oder autoritäre Regierungssysteme vorstellen können. Auch von ihnen lehnte die überwiegende Mehrheit (60 bis 80 Prozent) ab, dass eine Führungsperson allein über das Abhalten von Wahlen, die Parlamentskompetenzen, Gesetze, Gerichtsurteile oder über mediale Berichterstattung entscheiden darf.

In Summe lassen sich laut SORA fünf Einstellungsmuster feststellen: Das vorherrschende - mit rund 40 Prozent - ist das der "zufriedenen Demokraten und Demokratinnen", für die als Ergänzung zum aktuellen System nur mehr Mitbestimmung nach Schweizer Vorbild in Frage kommt. Zehn Prozent zeigten autoritäre Muster: Bei ihnen liegt die Demokratie gleichauf mit dem "starken Führer" bzw. einer Militärregierung, sie votieren geschlossen für eine "'Diktatur' auf Zeit, die uns in den kommenden zwei Jahren aus den aktuellen Krisen führt".

Dazwischen machten die Meinungsforscher noch 25 Prozent unzufriedenen Demokraten aus (die zur Expertenregierung neigen), weiters elf Prozent außerparlamentarische Klimaschützer (die in Sachen Klimaschutz für autokratische Entscheidungen am Parlament vorbei sind) und 14 Prozent mit diffus (anti-)demokratischem Muster.

Über alle Muster hinweg zeigten sich aber 87 Prozent der Menschen in Österreich froh, in einer Demokratie zu leben - selbst die diffus (anti-)demokratisch Eingestellten zu 81 Prozent und immerhin noch zu zwei Drittel jene mit autoritären Einstellungsmustern. Sollte die Demokratie angegriffen werden, erklärten sich 79 Prozent bereit zur Verteidigung.

Am Samstag wurde eines solchen Angriffs vor 90 Jahren gedacht. Am 4. März 1933 trat nach einem Streit über eine Abstimmungs-Panne das gesamte Nationalratspräsidium zurück. Die Regierung des Christlichsozialen Engelbert Dollfuß nützte die Situation zur Errichtung einer Diktatur, die 1934 im Bürgerkrieg mit den Sozialdemokraten und in der Errichtung des autoritären "Ständestaates" gipfelte.

   Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) appellierte in einer Aussendung, anlässlich des Gedenkens die richtigen Lehren aus dem 4. März 1933 zu ziehen. Die Demokratie müsse immer wieder aufs Neue gestärkt und gegen ihre Feinde verteidigt werden. "Es gilt, die Lehren aus der Geschichte und auch aus diesem historischen Ereignis zu ziehen. Eine dieser Lehren sei, dass Demokratie Freiheit bedeutet", unterstrich auch Bundesratspräsident Günter Kovacs (SPÖ). Beide Präsidenten zeigten sich einig, entschlossen für die Werte der Demokratie und einen starken Parlamentarismus einzutreten, der von gegenseitigem Respekt und Wertschätzung getragen sei.

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