Symposium in Berlin: Van der Bellen sprach über Lügen und Dialog.
Berlin/Wien/Kiew. "Der Krieg in der Ukraine zeigt sehr klar, wie wertvoll Demokratie ist", betonte Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Freitag in Berlin auf einem Symposium im Schloss Bellevue, wo er auf Einladung seines deutschen Amtskollegen Frank-Walter Steinmeier zum Thema "Zukunft der Demokratie - Wie stärken wir die Republik?" sprach. Nach einer bilateralen Unterredung mit Steinmeier ging der dreitägige Arbeitsbesuch des Bundespräsidenten in Berlin am Freitagnachmittag zu Ende.
Die Demokratie der Zukunft stand im Mittelpunkt des Gesprächs: Was müsse getan werden, um die liberalen Demokratien nach innen und außen zu stärken und die Europäische Union und das transatlantische Bündnis zukunftsfest zu machen, so die Frage des Forums. Der russische Angriff auf die Ukraine sorgte dabei für besondere Aktualität. "Immerhin ist es in unserem System ausgeschlossen, dass ein Staatschef gegen seine eigene Bevölkerung und gegen die Interessen seiner eigenen Bevölkerung agiert, dass Menschen für ihre Meinungsäußerung eingesperrt werden, dass man einen Krieg vom Zaun bricht, den die eigene Bevölkerung nicht will", sagte Van der Bellen in seiner Rede.
VdB: "Notwendigkeit, miteinander zu reden"
Demokratie bedeute immer "die Notwendigkeit, miteinander zu reden - auch wenn es lange dauert", so der Bundespräsident. "Wir müssen in unserer Sprache wieder etwas klarer werden und die Kategorien Wahrheit und Lüge wieder mehr gebrauchen." Van der Bellen kritisierte, dass man nachlässig und an der falschen Stelle tolerant geworden sei. Es komme auf die Achtsamkeit in der Sprache an sowie auf den Willen, zu sprechen und zu verhandeln.
Der deutsche Bundespräsident Steinmeier betonte: "Die Rückkehr des Krieges nach Europa lehrt uns, dass wir in der Lage sein müssen, uns gegen Angriffe zur Wehr zu setzen. Mit anderen Worten: Demokratien müssen wehrhaft sein, auch dann, wenn sich wieder diplomatische Möglichkeiten eröffnen. Denn erfolgreich verhandeln können wir nur aus einer Position der Stärke, nicht aus einer Position der Schwäche." Der Kampf, den die Ukrainer gegen einen militärisch übermächtigen Angreifer bestreiten, sei nicht nur mutig, er setze ein Beispiel.
"Freiheit und Demokratie nicht auf ewig garantiert"
"Er führt der Welt dramatisch vor Augen, dass Freiheit und Demokratie nicht auf ewig garantiert sind, dass sie heute wieder bekämpft werden, auch weil Autokratien sich von der Offenheit der Demokratie bedroht fühlen", sagte Steinmeier. In Deutschland, in Europa und anderen liberalen Demokratien sei Putins Krieg ein Schock. "Aber dieser Schock hat uns nicht auseinandergetrieben oder gelähmt, sondern er hat uns zusammenrücken und entschlossener handeln lassen."