Für Ex-Bundeskanzler Franz Vranitzky ist die Parteidoktrin noch aufrecht, wonach die SPÖ keine Koalition mit der FPÖ eingehen darf.
Im Interview mit ÖSTERREICH (Sonntagausgabe) meint Vranitzky zu aktuellen Überlegungen hinsichtlich verschiedener Koalitionen: "Das sind doch nur die allgemeinen Dehnungsübungen in einer Art Vorwahlkampfsituation. Eine Achse ist da nicht wirklich existent." Auf die Frage, ob Rot-blau in der SPÖ weiter tabu sei, sagt der Ex-Kanzler: "Ja, das glaube ich und das sehen sicher auch die handelnden Personen so. Es ist ja auch überhaupt nicht die Aufgabe des Tages über irgendwelche Koalitionen zu spekulieren oder nachzudenken."
Vranitzky gegen Neuwahlen
Vranitzky tritt auch entschieden gegen
Neuwahlen ein und sagt in Richtung ÖVP: "Wir haben ein Wahlergebnis und
dieses gibt der amtierenden Koalition die ausreichende Mehrheit. Es gibt
keine Berechtigung, daran etwas zu ändern und immer irgendwelche
atmosphärische Störungen zu bejammern. Alle Beteiligten sollten sich jetzt
hinsetzen und arbeiten."
Löschnak sieht das anders
Der frühere SPÖ-Innenminister
Franz Löschnak hat dagegen wenig Hoffnung, dass Rot-Schwarz den Umschwung
schafft. "Wenn es so weitergeht wie im vergangenen Jahr, sicher nicht", sagt
er einer Tageszeitung. Neuwahlen sind für ihn ein denkbarer Ausweg: "Wenn
sie sich nicht aufraffen, dann Ende. Es ist ja schade um die Zeit."
Schuld an der derzeitigen Situation sind für Löschnak beide Parteien. Die ÖVP sei mit unmäßigem Selbstbewusstsein in die Regierung gegangen und wolle nichts ändern. Der SPÖ richtet er aus: "Geht man in eine Koalition, muss man den Willen zur Kooperation haben." Den Steuerreform-Alleingang des Kanzlers kritisiert er indirekt: Mit Vorschlägen, die nicht abgesprochen sind, dürfe man nicht an die Öffentlichkeit gehen.