Mit der "Opfer"-Strategie soll Kern vor Desaster gerettet werden
Christian Kern, seines Zeichens Parteichef der Sozialdemokratie und Bundeskanzler, ist wütend. Wütend darüber, dass E-Mails und Dossiers aus der SPÖ herausgespielt wurden. Wütend darüber, dass mittlerweile aufgedeckt wurde, dass sein einst engster Berater, Tal Silberstein, mindestens zwei Facebook-Seiten mit Dirty Campaigning betrieben hatte. Wütend über illoyale Mitarbeiter, die, unabhängig von diversen Dossiers, alles in die ÖVP weitertragen.
Und wütend darüber, dass VP-Kanzlerkandidat Sebastian Kurz in den Umfragen so weit vorne liegt, während die SPÖ knapp zehn Tage vor der Nationalratswahl vor der Implosion steht. So weit, so verständlich. Aus dieser Emotion will die SPÖ nun aber eine Taktik stricken:
Verschwörungstheorien und ein Opfermythos
Zum einen soll Christian Kern als Opfer dargestellt werden. Er habe von den Aktivitäten seines Beraters und roter Mitarbeiter nichts gewusst. Sei selbst "hintergangen" worden.
- Damit soll Mitleid für Kern und die SPÖ erregt und so ein "Jetzt erst recht"-Effekt erzielt werden.Um diese alte Losung der einstigen Kampagne von Kurt Waldheim - aus dem Jahr 1986, derer sich auch Jörg Haiders FPÖ sich immer wieder bediente - zum Leben zu erwecken, soll nun der Eindruck einer "gezielten Kampagne gegen Kern" an die Menschen gebracht werden.
- Zum einen seien Medien, die kritisch berichten, Teil dieser vermeintlichen Kampagne - etwas, das einst auch die FPÖ immer wieder erfolgreich schürte - zum anderen stecke angeblich niemand Geringerer als Sebastian Kurz und dessen ÖVP hinter den roten Troubles.
SPÖ-Insider: »Jetzt reicht es mit Überfliegern«
Beweise liefert die SPÖ für die Verdächtigungen nicht. Interessant bleibt freilich trotzdem die Frage, wie die Dossiers und das Insiderwissen über die SPÖ das Licht der Öffentlichkeit erreichte. Das soll die SPÖ-Task-Force von SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christoph Matznetter ans Tageslicht bringen.
Alteingesessene SPÖ-Funktionäre halten von dieser Taktik aber wenig. Ein Grande sagt ÖSTERREICH: "Es wäre an der Zeit, sich zu entschuldigen und diesen Wahlkampf mit Anstand über die Bühne zu bringen. Egal, was die ÖVP damit zu tun hat, dieser SPÖ-Wahlkampf ist völlig aus dem Ruder gelaufen". Aber, wenn man wütend ist, erkennt man das vielleicht nicht.