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Eine Bilanz des Besuchs

Was Trump von Kurz wirklich wollte

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Polittreffen der Woche: Kurz bei Trump. Protokoll der international viel beachteten Visite.

„Österreich ist großartig“, er habe das Land, das in der Nähe der ursprüng­lichen Heimat seiner Frau Melania liegt, vor langer Zeit besucht. „Sehr schön, dort zu leben. Ganz toll“, sagt US-Präsident Donald Trump zu Sebastian Kurz an diesem Mittwoch um 13.50 Uhr in Washington.

Der 72-Jährige pendelt in den 70 Minuten, in denen der österreichische Bundeskanzler das Weiße Haus besucht, zwischen Superlativen hin und her: Was ihm gefällt, was ihm nicht gefährlich werden kann, ist „großartig“. Wer ihn kritisch sieht, ist „ein Desaster“, „unfair“, „nicht akzeptabel“.

Trump Kurz
© APA/HELMUT FOHRINGER

Europa ist Trumps Feind, 
Österreich "großartig"

Europa ist in der Welt des ­US-Präsidenten derzeit ein Bösewicht. Vor allem „die Deutschen“ und speziell Angela Merkel. Er sieht Deutschland „sehr kritisch“, erzählt Kurz ÖSTERREICH. Weil sie zu wenig Budget für Militärausgaben und die NATO ausgeben und zu viele deutsche Autos in den USA herumfahren und zu wenige US-Automobile in den Straßen Europas sichtbar seien.

Vor dem Treffen mit dem eigenwilligen Milliardär ist Kurz nervös. An diesem Mittwoch wacht er bereits um 4 Uhr früh auf. Er versucht, sich auf etwas vorzubereiten, auf das man sich „nicht wirklich vorbereiten“ könne, wie Kurz sagt. Wird Trump einen öffentlichen Angriff auf Europa vor Kurz starten? Wird er neben ihm Strafzölle gegen die europäische ­Automobilindustrie verkünden? Im Team Kurz herrscht Hochspannung.

Kurz Trump
© APA/HELMUT FOHRINGER

Freundlicher Handschlag, die Stimmung ist bestens

Aber bereits als Trump Kurz vor dem West Wing begrüßt, wird klar, dass Trump freundlich ist. Er gibt ihm kurz und ohne Machtdemonstrationen, wie er es gerne mit mächtigen Staatschefs macht, die Hand. Der 32-jährige VP-Chef lächelt, ist höflich und um gute Stimmung bemüht – ohne devot zu wirken. Israels Premier Benjamin Netanjahu, den Kurz seit 2014 kennt, hat bereits im Weißen Haus angerufen, um für einen „netten Empfang“ für den Österreicher zu bitten.

Trump gibt sich tatsächlich jovial. Er zeigt auch der mitgereisten Delegation von Kurz – Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer und VP-Mandatar Martin Engelberg sowie dem engeren Team von Kurz – sein Büro. Zum Ärger des US-Protokolls dürfen alle in das berühmt-berüchtigte Oval Office. Trump schüttelt jedem die Hand und gibt den Entertainer. Er wirkt gut gelaunt. Nur als die Medienvertreter – rund 50 Journalisten aus den USA und Österreich – in das Oval Office hereinspazieren, verfinstert sich Trumps Blick. Er setzt sein typisches Kameragesicht auf.

Nur wenige Stunden vor dieser Szene hatte er schließlich wieder über die „Medien als Feinde des Volkes“ getwittert. Davon ist jetzt keine Rede. Er lobt die „wundervollen Beziehungen“ zwischen Österreich und den USA. Alles ist „great“, und Kurz sei „ein sehr junger Kanzler, ein sehr junger Kerl“, er klopft Kurz dabei mit einem Mix aus Anerkennung und Verwunderung auf die Schulter.

Kurz Trump
© APA/BUNDESKANZLERAMT/DRAGAN TATIC

Kurz Trump
© APA/BUNDESKANZLERAMT/DRAGAN TATIC

Im Vieraugengespräch danach zeigt Trump dann das Gesicht des beinharten Geschäftsmannes: Warum Österreich nicht der NATO beitrete, will er wissen. Weshalb Kurz nicht mehr für das Militär ausgebe. Und er richtet Kurz eine Drohung an die EU aus. Diese müsse den US-Handel besser behandeln, sonst kämen Strafzölle. 30 Minuten dauert das Tête-à-Tête im Oval Office.

Weitere 30 Minuten sitzt Trump dann gemeinsam mit US-Vizepräsident Mike Pence, drei US-Ministern und seinem Schwiegersohn Jared Kushner den Österreichern im Cabinet Room gleich neben dem Oval Office gegenüber. Keiner seiner Topleute widerspricht Trump hier. Man spürt den „Respekt“ – sagen die einen – oder die „Angst“, wie die anderen meinen. Nur einer schweigt die ganze Zeit, während Trump Deutschland und Europa kritisiert, Jared Kushner, der 38-jährige Sonderbeauftragte und Ehemann von Ivanka Trump. Er sitzt kerzengerade am Tisch, beobachtet alle nur.

Kurz Trump
© Bundeskanzleramt/Dragan Tatic

Exklusives Dinner im Privathaus von Ivanka Trump

Wenige Stunden später begrüßen er und Ivanka Trump dann Kurz und US-Botschafter Trevor Traina in ihrer Villa im Diplomatenviertel von Washington. Das ganz in Weiß gehaltene Haus liegt nur wenige Meter von der Villa der Obamas entfernt. Kushner und Ivanka geben die perfekten Gastgeber. Kurz hat Spielsachen für ihre drei Kinder aus Wien mitgebracht. Sie servieren ihm Hühnersuppe, Rindfleisch und eine Schokotorte, während sie über Nahost reden. „Sie sind Liberale aus Manhattan“, sagt Trump gerne über dieses junge Powerpaar. Kurz erhält die Handynummer des „First Schwiegersohnes“. Der Präsident habe einen „sehr guten Eindruck“ von Kurz gehabt, erzählt Traina später. Kurz habe seine Standpunkte sehr firm vertreten, und das schätze Trump sehr.

Trump und Kurz seien „Seelenverwandte“, schrieb die New York Times über das Treffen. Zumindest an diesem Mittwoch im Weißen Haus wirkte das Duo freilich wie von zwei verschiedenen Planeten. Isabelle Daniel

Ivanka Trump Kurz
© APA (Bundeskanzleramt/Tatic)

Kurz: "Trump ist ungeduldig"

OE24.TV: Wie ist das Treffen mit Trump gelaufen?

Sebastian Kurz: Es war ein sehr gutes Gespräch. Er hat Österreich sehr viel Aufmerksamkeit geschenkt. Trump hat großes Interesse an Europa gezeigt, ist aber gleichzeitig klar bei seinen harten Positionen geblieben. Insbesondere, was die Einschränkung des Handels mit der EU betrifft. Er ist der Meinung, dass die USA hier schlecht aussteigen, was für uns ein Pro­blem ist, weil das auch bei uns Jobs gefährdet. Aber auch in anderen Fragen, wie etwa dem Thema Sicherheit, weicht er nicht von seiner Haltung ab.

OE24.TV: Verlief das Gespräch amikal, oder war es hart, angriffig und nahe der Unfreundlichkeit?

Kurz: Unfreundlich war es nie. Es war aber ein sehr klares, durchaus konfrontatives Gespräch. Donald Trump ist nicht der diplomatischste Mensch auf der Welt. Er war sehr positiv Österreich gegenüber, gleichzeitig aber sehr fordernd in seinen Positionen gegenüber Europa. Wir haben aber auch klar unsere Linie dargelegt und betont, dass wir in vielen Sachfragen anderer Meinung sind. Insofern war es ein guter Austausch mit dem mächtigsten Mann der Welt.

OE24.TV: Offensichtlich hat Trump Ihnen sehr klar mitgeteilt, dass er auf die Einführung von Strafzöllen gegenüber der EU bestehen wird. Ist ein Handelskrieg noch abwendbar?

Kurz: Die Einführung von einseitigen Zöllen ist derzeit eine Drohkulisse, das heißt noch nicht, dass das so kommen muss. Es gibt Verhandlungen zwischen der EU und den USA, um einen Deal in diesen Handelsfragen zustande zu bringen. Was mir Sorgen macht, ist, dass Trump ein ungeduldiger Mensch ist, der sehr schnell und über Nacht Entscheidungen trifft. Insofern kann man nie wissen. Zum anderen meint er es nicht so gut mit Angela Merkel und Deutschland. Es bleibt aber die Hoffnung, dass wir dieses Handelskriegsszenario abwenden können.

OE24.TV: Sie waren auch beim Dinner mit Ivanka Trump und Jared Kushner.

Kurz: Das war höchst interessant, weil es im privaten Rahmen war und man natürlich etwas freier sprechen kann als im Weißen Haus. Seine Tochter und insbesondere sein Schwiegersohn sind Mitarbeiter im Weißen Haus. Ich habe den Eindruck, dass er seinem Schwiegersohn sehr stark vertraut, er managt viele große Prozesse für ihn, insbesondere auch die Vorbereitungen für die Friedensverhandlungen im Nahen Osten. Das ist ein guter Kontakt; die Handynummer zu haben, ist etwas, was in Zukunft nicht schlecht sein wird.

OE24.TV: Haben Sie auch eine Einladung nach Wien ausgesprochen?

Kurz: Natürlich haben wir auch darüber gesprochen. Es ist jetzt kein konkreter Termin ausgemacht, was aber schon feststeht, ist, dass wir noch in diesem Jahr eine Wirtschaftsdelegation in die USA führen werden

OE24.TV: Was ist die Botschaft, die Sie mitnehmen?

Kurz: Ich habe sehr viel Interesse an Europa erlebt. Umgekehrt ist Europa für die USA ganz schön weit weg. Wir brauchen starke transatlantische Beziehungen, ganz gleich, wer gerade der US-Präsident ist. Es kann nicht im Interesse sein, dass die EU in allen Himmelsrichtungen schlechte Beziehungen hat. Auf der einen Seite geht es nicht gut mit Trump, auf der anderen haben wir Sanktionen gegen Putin. Wer bleibt dann noch?

OE24.TV: Könnte es einen Friedensgipfel Putin-Trump in Wien geben? War das Thema?

Kurz: Derzeit steht keiner an, aber wenn es zu einem solchen kommen sollte, dann ist Österreich natürlich eine Option. Ich glaube, dass es einen durchaus guten Kontakt zwischen Präsident Putin und Präsident Trump gibt, was gut ist.

OE24.TV: Auch ein Besuch bei der „Washington Post“ stand an. Sie wagten sich in die Höhle des Löwen, schließlich gilt die „Post“ als das Trump-kritische Medium schlechthin.

Kurz: Nur weil das Medium Trump-kritisch ist, heißt es ja nicht, dass es auch österreichkritisch sein muss.

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