Vor heutigemTreff

Weder Faymann noch Molterer lenken ein

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Vor dem Gespräch der beiden Parteichefs über die Teuerung herrscht eine Patt-Situation - Das Ergebnis des Treffens ist völlig offen.

Eisige Stimmung ist heute seit 8 Uhr im Bundeskanzleramt programmiert: SPÖ-Chef Werner Faymann trifft erstmals seit seinem Bruch mit dem Koalitionspartner auf ÖVP-Chef Wilhelm Molterer. Grund: eine Aussprache rund ums Thema Teuerung.

Verhärtete Fronten
Die Fronten sind verhärtet, und Molterer nimmt den Termin wie er betont nur wahr, weil er schon vor Faymanns „Vertragsbruch“ ausgemacht worden war. Klar ist: Weder Faymann, der sein Fünf-Punkte-Paket gegen die Teuerung ohne ÖVP im Parlament beschließen will, noch Molterer ist zu Kompromissen bereit.

Faymann will sein „Sofort-Programm“ (Mehrwertsteuersenkung, Erhöhung des Pflegegelds, Doppelte Familienbeihilfe, Ende der Studiengebühren und Verlängerung der Hacklerregelung) durchziehen. Vor dem Treffen äußerte sich Faymann vor Journalisten jedoch zuversichtlich: So könnte es zumindest bei der Erhöhung der Familienbeihilfe und der Verlängerung der Hackler-Regelung zur Zustimmung des Koalitionspartners kommen, so der SP-Chef.

Gesprächsdauer unbekannt
Weniger Hoffnung auf ein Mitgehen der ÖVP hat Faymann bei der Halbierung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel sowie der Abschaffung der Studiengebühren. "Hier sehe ich nicht die gleiche Chance". Wie lange das Gespräch der beiden Parteichefs dauern wird, war zunächst unklar.

Molterer gegen Senkung der Mehrwertsteuer
Molterer hingegen ist vor allem die Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel ein Dorn im Auge: „Es ist sauteuer, aber wirkt nicht.“ Und die Senkung sei sozial nicht treffsicher – Reiche, die teurere Produkte kaufen, würden mehr profitieren.

Kaviar-Rechnung
Eilig haben ÖVP-Strategen nun Rechnungen erstellt. Fazit: Wer 50 Gramm Kaviar kauft, spart 3,54 Euro. Wer hingegen ein Kilo Nudeln kauft, spart nur 5 Cent, wenn die Mehrwert-Steuer von 10 % auf 5 % reduziert wird. Molterer: „Ich kaufe keinen Kaviar, aber diese Zahlen macht sie Sinnlosigkeit der Maßnahme klar.“

Faymann kontert: „So viel Kaviar wird doch gar nicht verkauft. Ich esse jedenfalls keinen.“

Mehrheiten wanken
Faymanns Problem: Sein Plan, seinen Fünf-Punkte-Plan mit neuen Mehrheiten umzusetzen, gerät ins Wanken. Denn FPÖ und BZÖ, deren Zustimmung er sich noch Anfang der Woche sicher sein konnte, zieren sich plötzlich.

Haiders "Rotz am Ärmel"
So fordert BZÖ-Spitzenkandidat Jörg Haider eine Ausweitung des Faymann-Plans: „Unsere Zustimmung gibt es nur dann, wenn auch die Mehrwertsteuer auf Medikamente gesenkt wird und wenn zusätzlich ein Teuerungsausgleich bezahlt wird: 200 Euro für Einkommensschwächere und 300 Euro für Familien mit Kindern.“ Und das BZÖ fordert, dass die SPÖ die Haider-Partei als potenziellen Koalitionspartner anerkennt. Man sei nicht "der Rotz am Ärmel".

Fällt das BZÖ um, kann es jedenfalls nicht zur Mehrwertsteuersenkung kommen, da die Grünen die Mehrwertssteuer-Senkung ohnehin als „Super-GAU“ bezeichnen. Die Stimmen von SPÖ (68) und FPÖ (21) reichen jedenfalls nicht, zum Beschluss (92 Stimmen nötig).

Strache findet's „unausgegoren“
Plus: Auch FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache stellt Forderungen und nennt Faymanns Vorschläge unausgegoren. Bei der Mehrwertsteuersenkung will er Luxusgüter wie Kaviar ausnehmen, und Studiengebühren sollen nur für Österreicher und EU-Bürger fallen.

ÖVP-Gegenschlag
Für Molterer sind die orange-blauen Forderungen jedenfalls Auftrieb für eine Gegenoffensive: „Ich bin mir sicher, dass der Wortbruch zum Schuss ins Knie für die SPÖ wird.“

ÖSTERREICH: Die Situation zwischen ÖVP und SPÖ ist völlig verfahren. Wie sinnvoll ist das Treffen zur Teuerung zwischen Ihnen und SP-Chef Faymann noch?

Wilhelm Molterer: Wir haben das Treffen vor Faymanns Vertragsbruch ausgemacht. Mein Wort gilt, und somit bleibt die ÖVP bei dem, was aus meiner Sicht möglich ist: Die Pflegegeld-Erhöhung und die 13. Familienbeihilfe für in Ausbildung befindliche Kinder. Das sind Maßnahmen, die wir schnell umsetzen wollen. Von dem Treffen hängt letztlich ab, wie die Vorgangsweise der ÖVP im Parlament sein wird.

ÖSTERREICH: Wird die ÖVP sich ab sofort auch andere Mehrheiten suchen?

Wilhelm Molterer: Ja, wir behalten uns selbstverständlich auch eigene Maßnahmen vor. Denn mit der SPÖ hatten wir vereinbart, dass wir im Parlament kein Schauspiel machen. Klar ist: Wir machen bei diesem Lizitations-Wettbewerb der SPÖ, der das Budget schwer beschädigt und völlig unsozial ist, nicht mit. Ich werde nur versprechen, was ich auch halten kann.

ÖSTERREICH: Der SPÖ kommt die Mehrheit bei der Mehrwertssteuersenkung auf Lebensmittel abhanden – Haider ziert sich. Bilden sich hier neue alte Allianzen?

Wilhelm Molterer: Offenbar kehrt hier jedenfalls wirtschaftliche Vernunft ein. Denn diese Steuersenkung ist sauteuer und wirkt nicht. Sie kostet eine Milliarde und somit ist der Spielraum für die Entlastung des Mittelstandes weg. Eine Steuerreform ist dann quasi nicht mehr finanzierbar.

ÖSTERREICH: Ist nach dem Bruch mit der SPÖ überhaupt noch an eine Große Koalition nach der Wahl zu denken?

Wilhelm Molterer: Ich bin mir sicher, dass der Wortbruch zum Schuss ins Knie für die SPÖ wird. Die SPÖ hat ihre wirtschaftspolitische Inkompetenz sichtbar gemacht. Wenn die SPÖ in die alte Schuldenpolitik zurück fällt, dann sicher nicht mit uns.

ÖSTERREICH: Sie treffen heute den Vizekanzler zum Teuerungsgipfel. Zudem fordern FPÖ und BZÖ jetzt Zugeständnisse für Ihr Ja zum 5-Punkte-Paket. Was werden Sie tun?

Werner Faymann: Unser Plan liegt auf dem Tisch. Man kann sich immer mehr wünschen. Wir müssen aber aufpassen, dass nicht das Gesamtziel gefährdet wird: eine Steuerreform von bis zu 4 Mrd. €. Wobei die 1,3 Mrd. € für das Sofort-Entlastungspaket einzurechnen sind.

ÖSTERREICH: Werden Sie mit FPÖ und ÖVP verhandeln?

Werner Faymann: Falls nötig, wird es natürlich Gespräche im Parlament geben.

ÖSTERREICH: Die VP wirft Ihnen vor, Sie wollten auch die Steuer auf Kaviar senken.

Werner Faymann: So viel Kaviar wird doch gar nicht verkauft. Ich esse jedenfalls keinen.

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