Weltpolitik

NATO-Gipfel in Madrid: "Putin bekommt jetzt mehr NATO"

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Die Staats- und Regierungschefs der NATO-Staaten sind in Madrid zu einem Gipfeltreffen zusammengekommen.

"Es wird ein umgestaltender Gipfel, denn wir werden historische Entscheidungen treffen", sagte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Mittwoch zum Auftakt. Kreml-Chef Wladimir Putin "bekommt jetzt mehr NATO", sagte der britische Premier Boris Johnson angesichts des angestrebten Beitritt Finnlands und Schwedens. Russland sieht dies indes "negativ".

"Wir betrachten die Erweiterung des nordatlantischen Bündnisses als einen rein destabilisierenden Faktor in den internationalen Angelegenheiten", sagte der russische Vize-Außenminister Sergej Rjabkow am Mittwoch in Moskau der Nachrichtenagentur Interfax zufolge und betonte: Ein solcher Schritt bringe weder dem westlichen Militärbündnis noch den Beitrittskandidaten mehr Sicherheit. Das gelte auch für Länder, "die das Bündnis als Bedrohung empfinden", meinte Rjabkow. Dazu zählt sich auch Russland.

Der Gipfel werde die NATO "auf Jahre hinaus verändern", sagte Stoltenberg bei einem gemeinsamen Auftritt mit US-Präsident Joe Biden. Dieser sprach ebenfalls von einem "historischen" Gipfel und unterstrich, die Beistandspflicht nach Artikel 5 des NATO-Vertrags sei "heilig". Vom Gipfel werde die "unzweifelhafte Botschaft" ausgehen, dass die NATO stark und geeint sei. Zugleich kündigte der US-Präsident die Verlegung weiterer amerikanischer Verbände nach Europa an, darunter ein fünftes Hauptquartier der europäischen US-Streitkräfte in Polen. Die NATO werde so ausgestattet, um Gefahren aus allen Richtungen, an Land, aus der Luft und zur See, begegnen zu können, betonte Biden.

Der Gipfel steht im Zeichen des Ukraine-Krieges und der Aufnahme der nordischen Staaten Schweden und Finnland. Nach einem Spitzentreffen am Dienstagnachmittag hatte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan überraschend sein Veto zurückgezogen, womit der Weg frei ist für die Unterzeichnung der Beitrittsprotokolle mit dem 31. und 32. Mitglied der Allianz. Der deutsche Kanzler Olaf Scholz begrüßte die Erweiterung. "Beide Länder passen sehr gut zu unserem Bündnis", sagte der Norddeutsche. Neben der humanitären und finanziellen Hilfe werde man auch "Waffen zur Verfügung stellen, die die Ukraine dringend braucht", sagte er. "Die Botschaft ist: Das werden wir so lange fortsetzen und auch so intensiv fortsetzen wie es notwendig ist, damit die Ukraine sich verteidigen kann."

In Madrid tagen bis einschließlich Donnerstag die Staats- und Regierungschef der 30 NATO-Mitglieder. Sie beraten unter anderem über ein neues strategisches Konzept für das Bündnis. Zudem ist geplant, die Zahl der schnellen Eingreifkräfte drastisch zu erhöhen - von derzeit rund 40.000 auf mehr als 300.000. Die bisherige NATO-Eingreiftruppe NRF soll dazu durch ein neues Streitkräfte-Modell ersetzt werden.

Gastgeber Pedro Sánchez sagte, dass das Bündnis eine starke Botschaft an den russischen Aggressor Putin senden werde: "Sie werden nicht siegen." Johnson hob seine Entschlossenheit zur militärischen Stärkung der NATO-Ostflanke hervor. "Falls Wladimir Putin gehofft hat, als Resultat seiner nicht provozierten, illegalen Invasion in die Ukraine weniger NATO an seiner westlichen Front zu bekommen, lag er komplett falsch. Er bekommt mehr NATO", sagte er. Der niederländische Premier Mark Rutte betonte, dass das Bündnis so lange Waffen an die Ukraine liefern werde, wie dies notwendig sei.

Stoltenberg hob die Geschlossenheit der Allianz und ihre Fähigkeit hervor, sich an neue Gegebenheiten anzupassen. Er verwies unter anderem auf das neue strategische Konzept, das in Madrid vereinbart werden soll. Zudem werde die größte Überarbeitung der gemeinsamen Verteidigung seit dem Kalten Krieg sowie ein umfangreiches Paket zur Unterstützung der Ukraine im Krieg gegen Russland beschlossen. Auch die erwartete Beitrittseinladung der NATO-Staaten an Schweden und Finnland nannte Stoltenberg historisch.

Mit Blick auf das strategische Konzept erwarte er, dass deutlich gemacht werde, dass Russland "eine direkte Bedrohung unserer Sicherheit" darstelle, sagte Stoltenberg. China sei eine Herausforderung für die Werte, Interessen und Sicherheit der NATO.

Norwegen sagte indes der ukrainischen Armee die Lieferung von drei Mehrfachraketenwerfern zu. "Wir müssen die Ukraine weiterhin unterstützen, damit sie ihren Kampf für Freiheit und Unabhängigkeit fortsetzen kann", erklärte der norwegische Verteidigungsminister Björn Arild Gram am Mittwoch. Die Lieferung der Geschütze erfolge in Kooperation mit Großbritannien. Norwegen werde der Ukraine außerdem 5.000 weitere Granaten zur Verfügung stellen, fügte Gram hinzu. Zuvor hatten bereits die USA der Ukraine vier Mehrfachraketenwerfer geliefert. Deutschland und Großbritannien sagten Kiew jeweils drei Mehrfachraketenwerfer zu.

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