Die Spitzenkandidatinnen und Spitzenkandidaten der Wien-Wahl lieferten sich am Dienstagabend einen harten Schlagabtausch.
Wien. Am Sonntag wird in Wien gewählt. In der oe24.TV-Elefantenrunde am Dienstagabend lieferten sich die Spitzenkandidaten der im Gemeinderat vertretenen Parteien eine hitzige Diskussion. Vor allem bei den Themen Wohnen, Teuerung und Asyl ging es heiß her.
oe24: Herr Bürgermeister, starten wir mit dem Thema Teuerung. Fürchten Sie, dass Ihnen das bei der Wahl Stimmen kosten könnte?
Michael Ludwig: Wien war das Bundesland mit der meisten Unterstützung für die Haushalte, denn die letzte Bundesregierung hat verabsäumt einzugreifen in die sehr starke Inflation. Aber Sie haben recht, es ist eine Herausforderung mit starken Auswirkungen auf die Budgets insgesamt in Österreich.
oe24: Herr Nepp, der FPÖ-Wahlkampf dreht sich viel um das Thema Migration. Was ist Ihr Konzept bei der Inflation?
Dominik Nepp: Einmal nicht alles erhöhen, wie es der Bürgermeister Ludwig gemacht hat. Er hat sogar selbst per Bescheid die Fernwärme mehr als verdoppelt. Dazu kommt der Pensions-Klau der Bundesregierung, wo ja auch die SPÖ ein Teil davon ist, und die Pensionen ab dem 1. Juni gekürzt werden, indem die Krankenversicherungsbeiträge erhöht werden.
oe24: Wie glaubwürdig ist die ÖVP beim Thema Teuerung. Die Volkspartei war ja in der letzten Bundesregierung.
Karl Mahrer: Wir befinden uns unmittelbar nach multiplen Krisen. Aber eines möchte ich klarstellen. Herr Nepp, wenn Sie sagen, die Pensionen werden gekürzt, dann ist das die Unwahrheit ...
Nepp: Nein, am 1. Juni erhöhen sich die Krankenversicherungsbeiträge.
Mahrer: Lassen Sie mich ausreden. Der Herr Kickl (FPÖ-Chef, Anm.) hat in der Vorbereitung der Regierungsverhandlungen genau dieser Entscheidung zugestimmt. Also, bleiben Sie bei der Wahrheit.
oe24: Kommen wir auch noch zum Thema Migration. Herr Nepp, Sie plakatieren „weniger Asylmillionen“. Löst das wirklich die Integrationsprobleme?
Nepp: Ja. Man sieht das in vielen anderen Ländern: Sobald man von Geld- auf Sachleistungen umsteigt bzw. auf eine Bezahlkarte, dann gehen diese Menschen weiter.
oe24: Herr Bürgermeister, die FPÖ wirft Ihnen vor, mit den hohen Sozialleistungen Migranten nach Wien zu locken.
Ludwig: Ich habe schon im Sommer einen Vorschlag gemacht, die Mindestsicherung zu ändern. Nämlich alle arbeitsfähigen Personen zwischen 15 und 65 Jahren über das AMS abzuwickeln.
Mahrer: Herr Bürgermeister, Sie haben gesagt, wir sind nicht verantwortlich für den Zuzug, der da kommt. Ich sage Ihnen, Sie und vor allem der Sozialstadtrat Peter Hacker sind dafür verantwortlich.
Bettina Emmerling: Die ÖVP, die seit 38 Jahren den Innenminister stellt und jetzt das Thema Migration und die vielen Menschen, die zu uns kommen, beklagt. Wir hatten pro Monat 400 Kinder aus der Familienzusammenführung, die keinerlei schulische Vorerfahrung hatten und wo wir in Wien auch in der Pflicht waren. Etwas, wo uns der Bund auch die letzten Jahre komplett allein gelassen hat.
oe24: Frau Pühringer, wie sehen Sie das?
Judith Pühringer: Wien war immer ein Zuwanderungsland und ja, wir stehen gerade vor großen Herausforderungen. Vielleicht ein Punkt zur Mindestsicherung. Es wird immer so getan, als ob die Mindestsicherung eine soziale Hängematte wäre. Das ist sie nicht. Sie ist jetzt schon für arbeitsfähige Menschen, die müssen jetzt schon dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Aber natürlich brauchen wir eine österreichweite Regelung.
oe24: Kommen wir noch zum Thema Bildung. Jedes zweite Kind in der Volksschule kann nicht richtig Deutsch. Die NEOS haben seit fünf Jahren die Verantwortung inne ...
Emmerling: Wir haben riesengroße Herausforderungen im Deutschbereich. Zuerst gab es die Coronakrise, dann 4.000 Kinder, die wegen des Ukrainekriegs vertrieben wurden und nach Wien kamen. Zuletzt 400 Kinder pro Monat durch den Familiennachzug. Da wurden Belastungsgrenzen erreicht.
oe24: Herr Bürgermeister, wird es zusätzliches Personal geben?
Ludwig: Mein Ziel ist es, die Deutschförderkräfte in den Kindergärten zu verdoppeln. In der Pflege haben wir mittlerweile 16.000 Menschen in Ausbildung, da haben wir die Verdopplung geschafft.
oe24: Die FPÖ ist für eine Deutschpflicht – auch in den Pausen. Wie wollen Sie das kontrollieren?
Nepp: Wir möchten, dass Deutsch Umgangssprache ist. Schon ab drei Jahren sollte es eine Sprachstandsfeststellung geben. Wenn nicht Deutsch gesprochen wird, dann soll die Pflicht kommen, gemeinsam mit den Eltern einen Deutschkurs zu besuchen.
Pühringer: Sie haben jetzt vorhin aufgezählt, Frau Emmerling, was Sie nicht alles gemacht haben. Fakt ist aber, dass es anscheinend nichts genützt hat. Wir sagen einfach, es braucht ausreichend Personal.
oe24: Kommen wir noch zur Gesundheit. Herr Bürgermeister, Sie möchten Wien zur Präventionshauptstadt machen. Was heißt das?
Ludwig: Gesundheit ist für alle Menschen ganz wichtig und das Gesundheitswesen in Wien ist ja auch sehr, sehr gut. Wir haben deshalb vor, dieses Gesundheitswesen schrittweise auszubauen. Wir wollen in den nächsten Jahren 3,3 Milliarden Euro in Spitäler, Krankenhäuser, Erweiterungen, Sanierungen und Neubauten investieren.
Nepp: Das Pflegepersonal steht vor dem Kollaps, die Ärzte stehen vor dem Kollaps, weil einfach kaputtgespart wurde. Und ich sage Ihnen eines, Herr Bürgermeister: Das ist hausgemacht. Das waren rote Managementfehler bei Ihnen.
oe24: Es wird auch einen Tag nach der Wahl geben und da werden wohl auch Parteien hier in diesem Raum miteinander zusammenarbeiten. Frau Pühringer, Sie plakatieren gegen den Bau des Lobautunnels. Ist das eine Koalitionsbedingung?
Pühringer: Es ist ganz klar, dass der Lobautunnel auf Bundesebene liegt. Ich werde mich aber immer dafür einsetzen. Für alle Wienerinnen und Wiener, die wie ich finden, dass der Lobautunnel völlig aus der Zeit gefallen ist.
oe24: Herr Mahrer, auch Sie würden gerne mitregieren. Ihrer Partei werden aber in sämtlichen Umfragen starke Verluste prognostiziert. Welchen Anreiz sollte das der SPÖ geben, eine Koalition mit Ihnen bilden zu wollen?
Mahrer: Zum Ersten: Die Umfragen sind das eine, Ergebnisse sind das andere. Erinnern Sie sich an die Nationalratswahl, da waren die Umfragen auch anders. Ich möchte, dass die Volkspartei so stark wird, dass wir Regierungsverantwortung übernehmen können.
oe24: Frau Emmerling, Ihr Hauptargument, Sie zu wählen, dürfte die Fortsetzung von Rot-Pink sein. Sie inserieren das jetzt sogar, dass man Sie dafür wählen muss. Ist das nicht ein bisschen wenig Programm?
Emmerling: Nein, weil wir vor allem in der Bildung noch nicht fertig sind und wir haben gesehen, was gemeinsam in den letzten viereinhalb Jahren gegangen ist.
oe24: Herr Nepp, alle Parteien schließen eine Koalition mit Ihnen aus. Warum sollte man eigentlich die FPÖ wählen, wenn sie nichts von dem, was sie ankündigt, umsetzen kann?
Nepp: Wir können regieren, wie man sieht, in der Steiermark bei einem erfolgreichen Landeshauptmann Mario Kunasek. Aber wir können auch Opposition. Man sieht, dass Bürgermeister Ludwig hier auch undemokratisch ausgrenzt. Und auch das ist eine Möglichkeit, dass man ihm hier einen Denkzettel verpasst.
oe24: Herr Bürgermeister, zum Abschluss noch zu Ihnen. Es könnte sein, dass sich keine Zweierkoalition mit Neos, Grünen oder ÖVP ausgeht. Fürchten Sie, dass Ihnen am Ende nur Dominik Nepp als Zweierkoalitionspartner überbleibt?
Ludwig: Mir wird es wichtig sein, dass wir eine Koalition der politischen Mitte zustande bringen. Und ich habe mit drei Parteien schon Koalitionen geknüpft. Ich war 1996 dabei, wie wir eine Koalition mit der ÖVP eingegangen sind. Ich habe rot-grüne Projekte entwickelt, die dann zur Koalition mit den Grünen 2010 geführt hat. Und ich habe die Koalition mit den Neos 2020 begonnen.