EU-Vorgabe

Wirbel um Kabinenschlafverbot für Lkw-Fahrer

Teilen

Absolutes Kabinenschlafverbot sorgte für Aufregung, nun gibt es eine Richtigstellung.

Das von den EU-Verkehrsministern beschlossene Kabinenschlafverbot gilt nur für die wöchentliche Pause. "Um adäquate Arbeitsbedingungen für Fahrer sicherzustellen, muss die wöchentliche Ruhezeit außerhalb der Kabine verbracht werden", heißt es in der am Dienstag vom EU-Rat veröffentlichten Presseaussendung. In den übrigen Nächten dürfen die Fernfahrer weiterhin in der Kabine schlafen.
 
 "Es gibt ein absolutes Kabinenschlafverbot in der gesamten Europäischen Union harmonisierend ohne Ausnahmen", hatte Österreichs Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) nach dem Treffen in Brüssel gesagt. Eine Sprecherin des EU-Rates stellte jedoch gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa) klar, dass dies nur für die wöchentliche Ruhezeit gelte, nicht für die Übernachtung nach einer regulären Schicht.
 

Kein absolutes Verbot

EU-weit gibt es rund zwei Millionen Fernfahrer. Unter Truckern hatte die Ankündigung eines Kabinenschlafverbots bereits für Aufregung und Kopfschütteln über Brüssel gesorgt. Manche hatten sich schon in Zelten oder Containern schlafen gesehen.
 
Ein absolutes Kabinenschlafverbot wäre ohnehin nicht umsetzbar, sind sich die Lkw-Fahrer sicher. Es gebe an den Autobahnen nämlich zu wenig Hotels mit Parkplätzen für Lastwagen, es seien schon jetzt die Rastplätze überfüllt. Auf Facebook meinte ein Fernfahrer: "Mir wäre lieber gewesen, die EU hätte vorgeschrieben, dass nur große Fahrerhäuser im Fernverkehr eingesetzt werden dürfen."
 
"Da verkauft der Minister geltendes EU-Recht als Fortschritt", sagte vida-Gewerkschafter Karl Delfs zu Hofers Aussage zum Kabinenschlafverbot. Delfs verwies auf den EuGH, der kürzlich klarstellte, dass es verboten ist, die wöchentliche Ruhezeit in den Führerhäusern zu verbringen. "Im Sinne der Fahrer wünschen wir uns, dass das Kabinenschlafverbot auch für die verkürzte wöchentliche Ruhezeit von 24 Stunden gelten würde, dann könnten sie sich in einer Pension ordentlich ausschlafen", sagte Delfs. In den Diskussionen sei ein Kabinenschlafverbot für die verkürzte wöchentliche Ruhezeit aber nie Thema gewesen, schon gar nicht für die tägliche Nachtruhe.
 
Positiv sei, so Delfs, dass die manipulationssicheren Tachografen 2025, nicht erst 2035, kommen. Ein kleiner Fortschritt seien auch die Regelungen zur Kabotage. Ohne Kontrollen werde sich aber nichts ändern. Durch die Ausnahme des bilateralen Verkehrs aus der Entsenderrichtlinie befürchtet der Gewerkschafter zudem ein Schlupfloch. Auch am Heimkehrrecht alle vier Wochen übte er Kritik, weil es sich lediglich um eine Rückkehr an den Firmenstandort handle. "Das nützt einem ausgeflaggten bulgarischen Fahrer nichts, wenn seine Firma im Ausland sitzt", sagte Delfs.
 

Verhandlungen

In einer stundenlangen Verhandlungsrunde hatten sich die EU-Mitgliedstaaten auf eine gemeinsame Position zur Reform der EU-Regeln für Lkw-Fahrer geeinigt. In der Nacht zu Dienstag stimmte der Rat der EU-Verkehrsminister für strengere Regeln für Fernfahrer außerhalb ihres Heimatmarktes. Nun muss noch eine Einigung mit dem Europaparlament gefunden werden, bevor die Änderungen in Kraft treten können.
 
Lkw-Fahrer, die außerhalb des Ursprungslandes ihres Arbeitgebers eingesetzt werden, sollen demnach künftig den Status eines "entsandten Arbeitnehmers" haben und somit zu gleichen Bedingungen wie ihre Kollegen im Einsatzland arbeiten. Ausgenommen davon sind einfache Lieferungen in ein anderes Land mit weniger als drei Halten zum Be- und Entladen.
 
Zusätzliche Regeln sollen bei der Kabotage gelten - wenn ein ausländisches Unternehmen eine Lieferleistung komplett innerhalb eines anderen Landes erbringt. Zwischen zwei Aufträgen müssen Fernfahrer dann eine Karenzzeit von mindestens fünf Tagen einhalten.
 

Sozialdumping

Vor allem westeuropäische Staaten beklagten seit geraumer Zeit, dass im Transportgewerbe Sozialdumping und unlauterer Wettbewerb herrschten. Österreich, Frankreich, Belgien, Dänemark, Italien, Luxemburg, Norwegen und Schweden hatten sich im vergangenen Jahr mit Deutschland zusammengeschlossen, um dagegen vorzugehen.
 
Nach 14-stündigen Verhandlungen der Minister stimmten gegen Mitternacht weiterhin acht Länder (Polen, Ungarn, Bulgarien, Kroatien, Malta, Irland, Lettland und Litauen) gegen den Vorschlag. Sie kritisierten die Regelungen als "protektionistisch" und schlecht für den Wettbewerb.
Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.