Ein Kommentar von oe24-Chefredakteur Niki Fellner.
109 Tage sind vergangen, seit Pamela Rendi-Wagner beim SPÖ-Parteitag mit 97,8 % zur Parteichefin gewählt wurde. Die Wahl Rendi-Wagners hätte nach der verpatzten Episode rund um Christian Kern eigentlich zum Befreiungsschlag für die SPÖ werden sollen, stattdessen versinkt die Partei seitdem noch mehr im Chaos (siehe Story auf Seite 8).
Die SPÖ ist – nicht erst seit Rendi-Wagners Kür – in zwei Lager gespalten. Auf der einen Seite der linksliberale Flügel rund um Rendi und ihre engsten Berater. Auf der anderen Seite der pragmatische SPÖ-Flügel mit Doskozil, Ludwig und der Gewerkschaft. Kaum ein Thema, bei dem sich diese beiden Lager momentan nicht in die Haare geraten. Von der Sicherungshaft bis zur Aberkennung der Staatsangehörigkeit für IS-Kämpfer. Denn Doskozil und Ludwig haben längst überrissen, dass die SPÖ in der Sicherheits- und Migrationsfrage nach rechts rücken muss, wenn sie bei den nächsten Wahlen (u. a. im Burgenland und in Wien) eine Chance gegen Türkis-Blau haben will.
Rendis Problem ist, dass sie in der SPÖ keine Hausmacht hat. Sie kämpft mit einem kleinen Kabinett an Vertrauten und Beratern (die sie großteils von ihrem Vorgänger Christian Kern übernommen hat) gegen die mächtigsten Landesorganisationen und die Gewerkschaft. Ihre Abtauchtaktik (die ihr scheinbar von ihren Beratern empfohlen wird) ist da nicht gerade hilfreich.
Die EU-Wahl wird jetzt zur Schicksalswahl für Rendi und die SPÖ. Rutscht die SPÖ hinter die FPÖ auf Platz 3, dann ist eine Obmanndebatte in der Partei kaum zu verhindern. Dann ist die SPÖ auf absehbare Zeit weg vom Fenster.