DAS SAGT ÖSTERREICH

Polit-Greenhorn Nehammer riskiert heute sehr viel

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Ein Kommentar von ÖSTERREICH-Herausgeber Wolfgang Fellner.

Österreichs Kanzler Karl Nehammer galt bisher eher als zurückhaltender, noch nicht sehr routinierter Regierungschef. Jetzt setzt Nehammer alles auf eine Karte, riskiert sein ohnehin ramponiertes Image und geht ins Polit-Casino: Er trifft heute Wladimir Putin – den mit allen Wassern gewaschenen Kreml-Diktator.

Der Besuch des „Ösi-Kanzlers“ kommt einerseits zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt: In den letzten Tagen ist das fürchterliche Ausmaß der russischen Kriegsverbrechen bekannt geworden: Bombardierte Krankenhäuser, Schulen, tausende tote Kinder und Frauen, russische Raketen, auf denen zynisch „Für die Kinder“ geschrieben steht …

Andererseits kann der Zeitpunkt des Nehammer-Besuchs bei Putin auch eine Chance sein. Niemand weiß, ob der Kreml-Irre nicht doch darüber nachdenkt, den für ihn alles andere als triumphalen Krieg, der so viel Leid, aber auch Armut für Russland bringt, zu beenden.

Nehammer riskiert viel. Putin wird versuchen, den ersten Besuch eines EU-Regierungschefs in Moskau seit Kriegsbeginn, zu einer Propagandashow umzufunktionieren.

Putin gegen Nehammer – das ist wie ein Duell des trickreichsten und routiniertesten Polit-Profis der Welt mit einem Außenpolitik-Greenhorn aus Klosterneuburg.

Die Chance, dass Nehammer von Putin gedemütigt wird, ist groß. Die Erwartung, dass er unverrichteter Dinge zurückfliegen wird, ist noch größer. Groß auch die Gefahr, dass er dann von der internationalen EU-Presse als „Peinlich-Kanzler“ (Copyright: Bild) verspottet wird.

Die meisten Medien meinen: In dieser Situation darf man ­einem Kriegsverbrecher wie Putin nicht die Hand reichen.

Ich meine: Man sollte den Mut unseres Kanzlers honorieren. Die Situation in der Ukraine ist so drängend dramatisch, dass man jede kleinste Chance auf ein Frieden nutzen muss. 

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