Das sagt Österreich

Respekt für den Strolz-Rücktritt

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Ein Kommentar von ÖSTERREICH-Herausgeber Wolfgang Fellner.

Unsere Politik macht krank, schrieb ÖSTERREICH am Sonntag. Beweis dafür sind nicht nur die serienweisen Krankheitsfälle in der Regierung: Moser, Löger, Kneissl - alle im Spital, wohl auch aus Erschöpfung. Vielmehr noch die Rücktritts-Serie der letzten Monate und Jahre: Pröll, Spindi, Django Mitterlehner, Schelling, Faymann, Häupl - vor allem aber die völlig entnervte Eva Glawischnig, dann Peter Pilz, zuletzt sein Klubchef Peter Kolba. Und jetzt der überraschendste Rücktritt von allen: Matthias Strolz.

Wenn ein Rücktritt am wenigsten zu erwarten war, dann der von Strolz: Er hat die Neos gegen alle Wetten wieder in den Nationalrat gebracht, ist dort zum eigentlichen Star der Opposition geworden, legt gerade in allen Umfragen stark zu, und in Salzburg feiern die Neos ihre erste Regierungsbeteiligung - der Aufstieg der Neos beginnt erst JETZT.

Doch Strolz geht genau zu diesem Zeitpunkt. "Feig", werden das viele journalistische Zyniker nennen. Hat er nicht Verantwortung gegenüber seinen Wählern? Ist er nicht die letzte Hoffnung der Opposition? Wollte er nicht die FPÖ aus der Regierung kippen und Bildungsminister werden - der Job, der für ihn maßgeschneidert wäre?

Ich mag Mathias Strolz. Für mich ist er einer der wenigen Politiker, die ehrlich, authentisch, herzlich und vor allem menschlich sind.

Deshalb mein größter Respekt für seinen freiwilligen Rücktritt. Wenn sich ein Politiker, der als Klubobmann eine fette Stange Geld verdient, jeden Tag im Fernsehen ist, den die Wähler mögen, trotzdem für seine Familie, seine Frau, seine Kinder, ein Leben in Vorarlberg statt in Wien entscheidet - dann ist das bewundernswert.

Offenbar ahnt Matthias Strolz, dass ihm im brutalen Polit-Hamsterrad in Wien der Verlust seiner Gesundheit, ein Burn-out, der Frust von neun Jahren Türkis-Blau droht - und er hat sich für seine Familie, ein glückliches Privatleben, einen Neustart entschieden. Das ist sein gutes Recht. Dafür verdient er Applaus - und vielleicht ein Comeback.

Die Ironie der Geschichte ist, dass ein Mann (der bekennt, zu wenig Zeit für die Familie zu haben) von einer Frau abgelöst wird, die als zweifache Mutter auf bewundernswerte Art Karriere UND Familie hinkriegt: Beate Meinl-Reisinger.

Meinl-Reisinger ist die ideale Nachfolgerin für Strolz: Endlich wieder eine Frau an einer Parteispitze - noch dazu eine, die wie ein Turbo wirkt, ein Medien-Darling ist, politisch die liberale Partei ideal verkörpert. Sie wird die Neos im Parlament sehr rasch nach oben führen.

Ihr Problem: Meinl-Reisinger verlässt "ihre" Wiener Bühne zur Unzeit. Denn nun sind mit einem Schlag alle Wiener Parteichefs weg: Häupl in Pension, Gudenus und Meinl-Reisinger im Parlament, VP-Blümel in der Regierung. Im Juni wollen die grünen Selbstmörder auch noch Vassilakou killen. Der neue Wiener Bürgermeister Ludwig steht am Tag seines Amtsantritts plötzlich ohne einen einzigen Gegner da. Das heißt wohl: Neuwahlen stehen in Wien vor der Tür - mit Ludwig allein auf weiter Flur und ohne einen einzigen nennenswerten Gegner in Wien.

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