Ein Kommentar von ÖSTERREICH-Herausgeber Wolfgang Fellner.
Mit Rücktrittsforderungen soll man als Journalist zurückhaltend sein – insbesondere wenn eine Regierung wie die türkis-blaue bei der Bevölkerung 62 % Zufriedenheit hat.
Bei dieser Regierung wird eines freilich immer deutlicher: Die exzellente Performance von Kanzler Kurz und die Umtriebigkeit der meisten FPÖ-Minister, die viele Reformen anschieben, decken eine erschreckend schwache Bilanz der meisten ÖVP-Minister zu. Neben Kurz bringt nur noch Finanzminister Löger eine Topleistung.
Die wirkliche Katastrophe dieser Regierung ist aber die Performance der Frauenministerin Juliane Bogner-Strauß. Die sympathische Wissenschafterin, von Kurz als Greenhorn – also offenbar als Marketing-Gag – in die Regierung geholt, ist seit ihrer Angelobung so gut wie abgetaucht. Man sieht sie nicht, hört sie nicht, Initiativen setzt sie nicht, Reformen schon gar nicht – „das Phantom der Regierung“.
Eine Familienministerin, die ohne Widerspruch zulässt, dass die Bundesfinanzierung der Kinderbetreuung um fast 30 % gekürzt wird, ist indiskutabel.
Eine Frauenministerin, die keine einzige Gesetzesinitiative für Frauen anschiebt und auch hier alle Förderungen radikal kürzt, ist fehl am Platz.
Es war vom Kanzler richtig gedacht, Frauen-, Familien- und Jugendministerium zusammenzulegen. Aber daraus wurde ein Debakel: Ein Megaministerium, das nichts tut, sondern schläft wie Dornröschen.
Die neuen Umfragen zeigen bereits: Dieser Regierung laufen die Frauen davon. Die Wählerinnen sind frustriert.
Kinderbetreuung, Ganztagsschule, Gleichbehandlung der Frauen, mehr Sicherheit – das sind die großen politischen Themen des Jahres. Diese Regierung und die Frauenministerin haben sie verschlafen.
Deshalb ist allen Ernstes der erste Rücktritt in dieser Regierung fällig: Eine Ministerin, die nicht auftritt, die nichts tut, die offenbar gar nicht mehr will – die sollte gehen.
Juliane Bogner-Strauß war ein erfrischendes, sympathisches Experiment – aber dieses Experiment ist gescheitert.