Ein Kommentar von ÖSTERREICH-Herausgeber Wolfgang Fellner.
Dass ich persönlich – so wie die Mehrheit der Journalisten – ein vehementer Befürworter von Neuwahlen bin, war in dieser Kolumne unüberlesbar. Dass mein Versuch, den Kanzler via Kolumne von Neuwahlen zu überzeugen, nichts gefruchtet hat, ist ebenso unübersehbar – und zeigt wieder mal die Macht- und Einflusslosigkeit von Journalismus. Ob Kanzler Kern den goldenen Zeitpunkt für Neuwahlen nun verpasst hat, oder ob ihm die Wähler das Weitermachen hoch anrechnen, wird schon die nahe Zukunft zeigen.
Trotzdem muss ich anerkennen, dass das neue „Regierungsprogramm“, das Kern seinem Team via Ultimatum aufgezwungen hat, deutlich besser ist als meine Erwartungen. Die auf 36 Seiten aufgelisteten mehr als 100 Projekte decken viel von dem ab, was man sich als Bürger derzeit wünscht:
Wichtige Initiativen für den Arbeitsmarkt, wie etwa einen Beschäftigten-Bonus.
Die Steuerreform mit Wegfall der kalten Progression.
Ein Sicherheitspaket mit besserem Grenzschutz, weniger Zuwanderung und Maßnahmen gegen Gefährder.
Ein Integrationspaket mit Integrationsjahr & Burkaverbot.
Und viele Reformen, vom Wohnpaket bis zur Frauenquote in Aufsichtsräten.
Zugegeben: Nirgendwo findet sich der ganz große Wurf, vieles ist nur ein „Pilotversuch“: Aber alle Punkte sind – endlich! – mit Umsetzungsdaten versehen und ergeben einen wichtigen Schritt in Richtung moderneres Österreich.
Gegen Christian Kern spricht: Zum großen Schritt zu Neuwahlen und Neustart hat ihm der Mut gefehlt.
Für den Kanzler spricht: Er hat ein Arbeitsprogramm erarbeitet, das Respekt verdient.
Das Image der Regierung ist nach diesem 5-Tage-Zirkus verheerend – der Kanzler ist erstmals schwer beschädigt.
Einzige Rettung: Jetzt muss Kern seine Projekte umsetzen. Wenn ihm das gelingt, kann das eine Startrampe für seine Wiederwahl sein. Nicht als großer Reformer – aber als effizienter Manager.