Ein Kommentar von ÖSTERREICH-Herausgeber Wolfgang Fellner.
Die Frankreich-Wahl endet in der ersten Runde noch spannender als erwartet – aber sie zeigt doch, dass eine Mehrheit der Europäer nicht die Anti-EU-Rechtspopulisten a la Strache und Le Pen an der Macht haben will. Daran hat selbst der Mini-Terror-Anschlag drei Tage vor der Wahl nichts geändert.
Marine Le Pen hat die erste Runde der Frankreich-Wahl knapp aber doch verloren – sie braucht jetzt ein politisches Erdbeben (oder totale Mobilisierung), um die Stichwahl noch zu gewinnen.
Macron ist französische Ausgabe von Kern
Der Sieger dieser bisher spannendsten Wahl des Jahres ist der Linksliberale Emmanuel Macron. Er ist durchaus eine französische Ausgabe unseres Kanzlers Christian Kern – ein Sozialdemokrat mit sehr liberalen und wirtschaftsfreundlichen Programmen, ein Reformer mit großem Show-Talent, sehr sympathischem Auftreten, gutem Aussehen - sprich: Ein Staatsmann, wie ihn sich die urbane, moderne Mitte unserer Gesellschaft derzeit wünscht. Kein Radikalinski, sondern ein Sympathler, kein Sprengmeister, sondern ein sanfter Modernisierer, vor allem aber ein mutiger Pro-Europäer, geradezu ein Fan einer modernen EU.
Die Mehrheit der Franzosen will die EU
Dass Marine Le Pen entgegen vielen Umfragen den ersten Wahlgang nicht gewonnen hat, zeigt, dass den Europäern der „Brexit“ wie ein Schock in die Glieder gefahren ist - die Mehrheit will die EU.
Das Beispiel Macron beweist auch: Nur ein gut aussehender, sehr junger, betont unabhängiger Reformpolitiker der liberalen Mitte kann derzeit in Europa die Mehrheit schaffen. Damit unterscheidet sich Europa deutlich von den USA, wo Donald Trump mit den Wut-Wählern der Rechten eine Mehrheit geschafft hat.
Rechte Wut-Wähler sind in der Minderheit
In Europa sind die rechten Wut- und Anti-EU-Wähler aktuell in der Minderheit. Es regiert die moderne, urbane Mitte, die sanfte Reformen will - aber keinen Polit-Crash und schon gar keinen „Brexit“.
Das macht die Österreich-Wahl, egal ob sie noch 2017 oder 2018 stattfindet, für HC Strache zunehmend schwierig. So wie Le Pen fehlt auch Strache zeimlich sicher die Mehrheit für den Kanzler. Am Wahl-Tag - siehe Wien und Hofburg - wählen die Österreicher gegen rechts und für die EU.
Was die Österreich-Wahl spannend macht: Bei uns gibt es zwei Macrons – Christian Kern ist die linksliberale Version des Frankreich-Wahlsiegers (belastet mit der SPÖ), Sebastian Kurz freilich ist exakt die rechts-liberale Version von Macron – genauso jung, genauso sympathisch, genauso europäisch.
Macron ist ohne Partei unabhängig angetreten
Der Unterschied von Macron zu Kern und Kurz: Macron hat „seine“ SP verlassen, ist ohne Partei betont unabhängig angetreten. Kern und Kurz aber sind von ihren Parteien belastet. Die traditionellen Parteien wurden in Frankreich brutal abgewatscht - sind beide (wie SPÖ und ÖVP bei unserer Präsidentenwahl) mit 19 % und 8 % bei weitem nicht in die Stichwahl gekommen.
Wer wird bei uns gewinnen? Der linke oder der rechte Macron? Die Antwort wird sein: Siegen wird auch in Österreich nur, wer sich mutiger von seiner Alt-Partei abkoppelt und unabhängiger antritt, wer mutig für die EU eintritt und wer glaubhafter den Neustart verkörpert. Ist das Christian Macron? Oder Sebastian Macron?