Das sagt Österreich

Wird die Hofburg-Wahl zum zweiten großen Polit-Beben ?

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Ein Kommentar von ÖSTERREICH-Herausgeber Wolfgang Fellner.

Ein politisches Erdbeben hat ÖSTERREICH bereits für den 1. Durchgang der Präsidenten-Wahl vorhergesagt – und es ist noch heftiger eingetreten als erwartet. ÖVP und SPÖ wurden von den Wählern demoliert. Der Rücktritt des Kanzlers und der komplette Neustart der SPÖ waren die Folge. Doch das war nur des Bebens erster Teil …

Der zweite Teil folgt am Sonntag, wenn das Ergebnis der Stichwahl die finale Richtungs-Entscheidung für dieses Land erkennen lässt. Egal wie die Wahl ausgeht – sie wird Österreich dramatisch verändern.

Siegt Van der Bellen, dann ist das nicht nur der Wunsch nach mehr grünem Gewissen, sondern eine Entscheidung für einen sanften, durchaus liberalen Links-Kurs in diesem Land. Dann wird aus einer Wahl, die im 1. Durchgang noch ein emotionales „Nein“ zu mehr Flüchtlingen war, im 2. Wahlgang ein Votum für offene Grenzen und Menschlichkeit, gegen eine zu harte rechte Anti-Flüchtlings-Politik. Dann steht die ÖVP mit ihrem Wunsch nach Asyl-Stopp allein da – und der Krach mit dem neuen links-grünen Präsidenten in Sachen Flüchtlinge ist vorprogrammiert.

Wenn Hofer kommt, beginnt Kern gleich wieder zu wackeln
Gewinnt Hofer, dann bebt diese Republik ein zweites Mal – dann zieht der offizielle Strache-Stellvertreter mit dem FPÖ-Parteiprogramm in die Hofburg ein. Dann wird es nicht nur für die Regierung unangenehm, sondern dann geht Österreich als erstes Land in Europa mit seinem Präsidenten auf klaren Rechts-Kurs. Dann wird die Asylpolitik deutlich schärfer werden – dann wird die ganze Politik nach rechts rücken.

Während VdB mit hoher Wahrscheinlichkeit der „sanfte Präsident“ in der Hofburg wird – ausgleichend, bedächtig, für manche zu schläfrig – und damit dem neuen Kanzler Rückenwind für ihren Neustart gibt …

… wird Hofer der „brutale Reform-Präsident“ am Ballhausplatz sein. Wenn Hofer siegt, ist „Schluss mit lustig“ für SPÖ und ÖVP – dann kommen die beiden Alt-Parteien unter Druck, dann hat Neo-Kanzler Kern kaum Hoffnung auf einen ungestörten Neustart, dann kommen auf kurz oder lang Neuwahlen  …

… Und dann bebt es richtig, weil der neue Kanzler Kern gleich wieder einpacken und entweder HC Strache oder Sebastian Kurz Platz machen kann.

Ein Hofer-Wahlsieg ist der Auftakt für Neuwahlen
So wird die Wahl am Sonntag zu einer Vorentscheidung über den neuen Kanzler: Bekommt die Regierung Kern mit Van der Bellen eine sanfte Kontrolle – oder einen brutalen Gegner mit Hofer?

Tatsächlich hat der Kern-Neustart dem Hofer-Wahlkampf einiges an Dynamik gekostet. Nach Hofers Führung im 1. Wahlgang ist das Rennen jetzt plötzlich knapp geworden. Bei vielen Protest- und Wut-Wählern stellt sich die Frage, ob sie nach dem Faymann-Sturz Lust haben, auch dem neuen Kanzler via FPÖ-Präsident gleich eine Watsche zu verabreichen.

Der sanfte VdB hat vom Neustart der Regierung mehr profitiert als die FPÖ. Fast hat man den Eindruck, dass sich das Präsidenten-Rennen in der Zielgerade noch drehen kann. Umfragen deuten an: Bei jenen, die fix entschlossen zur Wahl gehen, liegt Van der Bellen bereits knapp vorne. Die Wut-Wähler überlegen, zu Hause zu bleiben.

Das TV-Duell kann die Dynamik noch mal gedreht haben. Van der Bellen war – wieder – zu schläfrig. Und die Art und Weise, wie die ORF-Moderatorin den ebenfalls unter Valium stehenden Hofer attackiert, brüskiert und beleidigt hat, war die beste Wahlhilfe, die er bekommen konnte. Plötzlich ist er wieder da – dieser Mitleids-Effekt mit den armen Blauen und diese Abwehrhaltung gegen das böse Ausland und den – im Internet – verhassten, weil manipulierenden ORF.

Damit ist alles wieder offen für Sonntag– und alles ist möglich: Vom Erdrutsch für Hofer (vor allem am Land) bis zum Sensations-Sieg für Van der Bellen (mit Erdrutsch-Resultaten in den Städten). Nur eines ist sicher: Am Sonntag bebt diese Repu­blik zum zweiten Mal.

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