SPÖ und ÖVP rangen um die Finanzen: Die Steuerreform muss warten. Landeshauptmann Pröll forderte am Donnerstag die Konzentration aufs Wesentliche.
Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) hat am Donnerstag ein "Machtwort" in Sachen Steuerreform gesprochen. Es sei "mittlerweile irritierend" und "spottet jeder Beschreibung", was alles "versteigert" werden soll.
Prölls Forderungen: finanzielle Besserstellung von Mehrkinderfamilien und die Abschaffung der Schenkungs- und der Erbschaftssteuer. Es sei "die Konzentration auf das Wesentliche angesagt", so der Landeshauptmann, "die Schulden von heute sind die Steuern von morgen".
Geheimtreffen am Mittwoch
Bereits am Mittwoch Nachmittag trafen
sich die Teams von SPÖ und ÖVP zu getrennten Vorbesprechungen. Am Abend
wurde es im Gartenhotel Altmannsdorf im Süden Wiens dann ernst: Bis in die
Nacht hinein verhandelte die Finanzgruppe unter Leitung von
SPÖ-Budgetsprecher Christoph Matznetter und Finanzminister Karl-Heinz
Grasser über die Steuerreform und die Finanzierung der Vorhaben der Großen
Koalition.
Liste für die Chefs
Ziel war, für die Parteiobleute Alfred
Gusenbauer und Wolfgang Schüssel eine Liste mit den Kosten der Vorhaben zu
erstellen. Die Chefs müssen dann ab heute entscheiden, welche Maßnahmen
kommen sollen – und wann sie kommen.
„Dramatisch zu viel“
Schon vor der Sitzung machte
Grasser klar, was er von den Forderungen der SPÖ für eine neue Regierung
hält: „Es ist dramatisch zu viel, was auf dem Wunschteller präsentiert
wurde.“ Eine Steuerreform etwa sei nicht vor 2009 möglich.
Wer soll dafür zahlen?
Umstritten war aber ohnehin weniger
der Zeitpunkt als die Frage, wie die Steuerreform finanziert werden kann.
Matznetter beharrte auf einer Gegenfinanzierung. Dafür sollten etwa die
Unternehmen aufkommen, indem die Körperschaftssteuer „fair“ gestaltet wird.
Hoffnungen setzt Matznetter auch auf eine Verwaltungsreform. Bis 2010
könnten die Einsparungen bis zu 600 Millionen Euro betragen. Der ÖVP
hingegen war die Senkung der Abgabenquote wichtiger als die
Gegenfinanzierung.
Streitpunkt Unternehmenssteuern
Klar war auch, dass die
Unternehmenssteuern zu einem Streitpunkt werden. Die ÖVP hat in den
vergangenen Jahren die Körperschaftssteuer auf 25 Prozent gesenkt und es
internationalen Konzernen ermöglicht, dank der Gruppenbesteuerung Verluste
aus dem Ausland in Österreich abzuschreiben. Die SPÖ will in beiden
Bereichen Änderungen: „fair“ heißt für Matznetter das Streichen von
Ausnahmen bei der Körperschaftssteuer. Bei der Gruppenbesteuerung sollte es
zumindest neue Regeln geben.
Milliardenbeträge
Aber auch ohne Steuerreform gingen die
Wünsche von SPÖ und ÖVP in die Milliarden – die Verantwortung für die Kosten
schoben sie einander wechselseitig zu. Matznetter rechnete vor, dass die
Wünsche der SPÖ für Soziales und Beschäftigung zwei Milliarden Euro kosten
würden. Und die könnten nicht nur als Ausgaben gerechnet werden: Wenn
Wachstum und Beschäftigung steigen, wären auf der anderen Seite auch die
Ausgaben etwa für die Arbeitslosenversicherung geringer.
Landwirtschaft oder Bildung?
Viel teurer wären laut Matznetter
die Wünsche der ÖVP für die Landwirtschaft – etwa die Förderung von
Biodiesel – und für die Steuerreform ohne Gegenfinanzierung. Die Rechnung
der ÖVP hingegen legte den Schwerpunkt der Ausgaben auf Bildung und
Soziales. 800 Millionen und mehr würden alle Wünsche der Sozialdemokraten
für die Schule kosten, heißt es in ÖVP-Kreisen. Und bei der Landwirtschaft
sei Entgegenkommen möglich, hieß es: „Wenn ihr spart, sparen auch wir.“