Die ÖVP soll sich nicht auf Kernthemen beschränken, meint Josef Pröll. Die Homo-Ehe will er trotzdem mit der klassischen Ehe nicht gleichstellen.
ÖSTERREICH: Sie sagen, die VP muss bunter und offener werden. Ist sie
jetzt engstirnig?
Josef Pröll: Die Parteihat eine breite
Basis. Aber wir müssen auch neue Themen ansprechen, den Kontakt mit der
Basis pflegen und vielen zuhören, die uns nicht so nahestehen. Das haben wir
in letzter Zeit nicht so gepflegt.
ÖSTERREICH: Ihr Onkel Erwin Pröll hat dem früheren
Nationalratspräsidenten Andreas Khol Engstirnigkeit vorgeworfen. Schließen
Sie sich diesem Urteil an?
Pröll: Ich werde mich hüten,
Einzelne zu punzieren oder abzuqualifizieren. Wo ich mich anschließe, ist,
dass Personen, die sich nur auf ganz wenige Kernthemen beschränken und nicht
bereit sind, eine offene Diskussion zuzulassen, auf Dauer in der ÖVP unter
Druck kommen werden.
ÖSTERREICH: Und das trifft auf Andreas Khol zu?
Pröll: Zu
Andreas Khol ist alles gesagt. Ich jedenfalls setze ganz bewusst auf etwas,
was Manche vielleicht für nicht so klug halten, etwa mit NGOs in Kontakt zu
treten, weil es bereichernd ist.
ÖSTERREICH: Zurück zum Thema breit und bunt. Ansätze dazu gab es in der
ÖVP schon öfter, zuletzt mit dem "Alpbach-Prozess". Warum soll es diesmal
funktionieren?
Pröll: Jeder dieser Versuche hat uns
weitergebracht. Aber jede große Volkspartei hat in regelmäßigen Abständen
eine Reflexionsphase nötig.
ÖSTERREICH: Was sind die inhaltlichen Schwerpunkte der Reformdiskussion?
Pröll:
Eckpunkte sind die Fragen Bildung, Arbeits- und Wirtschaftsstandort in einer
globalisierten Welt sowie Gesellschaft.
ÖSTERREICH: Der ÖVP wird ihr Nein zur Gesamtschule vorgeworfen. Sollte
man hier offener und breiter werden?
Pröll: Ich habe
Kinder im schulpflichtigen Alter. Und ich bin froh, dass es einen bunten Mix
an Möglichkeiten für sie gibt. Von einem Zwangssystem halte ich überhaupt
nichts. Wichtiger als das System sind aber ohnehin die Bildungsziele.
ÖSTERREICH: Die ÖVP hatte immer auch Schwierigkeiten mit neuen Formen des
Zusammenlebens.
PRÖLL: In der privaten Aufstellung ist
sehr viel möglich geworden. Das ist eine Lebenswelt, die da ist und zu
akzeptieren ist. Ich bekenne mich total dazu, dass in der ÖVP Platz für
Menschen sein muss, die außerhalb der Ehe andere Lebensentwürfe für sich
entwickeln.
ÖSTERREICH: Sollte es da bessere rechtliche Möglichkeiten geben?
PRÖLL:
Wir werden das diskutieren müssen: Wo genau sind sie benachteiligt? Und
wie können wir im Interesse der Kinder rechtliche Antworten geben?
ÖSTERREICH: Ein Tabu waren in der ÖVP immer auch eingetragene
Partnerschaften.
PRÖLL: Sie werden sehen, dass in der
Gruppe alles diskutiert werden kann.
ÖSTERREICH: Auch mehr Rechte für Homo-Paare?
PRÖLL: Auch
das. Aber dass die Homo-Ehe am Ende mit einer klassischen Ehe gleichgestellt
wird, damit rechne ich nicht.