Das Fernweh scheint nicht mehr allzu stark zu sein, Urlauber bevorzugen immer öfter nahe Destinationen.
Ob ein Reiseziel für einen Reisenden attraktiv ist, hängt schon lange nicht mehr davon ab, wie weit es entfernt ist. Die Menschen haben die Nähe wiederentdeckt. Der Trend geht in Richtung Kurztrips, Wanderreisen und Reisen in naheliegenden Destinationen, fasste der Österreich-Chef der internationalen Unternehmensberatung Arthur D. Little, Stefan Höffinger, das Ergebnis einer aktuellen Studie über die Zukunft des Reisens zusammen. Obwohl der Reisemarkt weiter wachsen wird, wird das langsamer geschehen als bisher.
Wandern oder Schönheits-OPs
Geht es doch weiter weg, dann
weit weg vom Alltag: Moderne Reisende verlangen heute breit gefächerte
Urlaubsangebote und extreme Erlebnisse: "Powerbootfahren und
Himalaya-Bergtouren sind sehr gefragt", berichtete Arthur D. Little-Experte
Michael Zintel. Solche Bergtouren sind heute nicht mehr nur Sache für
Extremkletterer, sondern werden bereits für die Masse angeboten. Als
weiteres Beispiel nannte Zintel den Medizintourismus im asiatischen Raum, wo
sich Menschen einer Schönheitsoperation unterziehen, sich im Urlaub kurieren
und "neu gemacht" wieder nach Hause kommen. Dort haben Kliniken schon einmal
ein "Valentinstags"-Packege im Angebot: Verliebte Pärchen können sich die
gleiche Nase modellieren lassen.
Seit 2000 sind die weltweiten Tourismusumsätze jährlich im Schnitt um 7 Prozent gewachsen. 2006 sind die globalen Umsätze von 6.488 Mrd. US-Dollar (derzeit 4.122 Mrd. Euro) auf 7.061 Mrd. US-Dollar geklettert, was einer Steigerung von 8,2 Prozent entsprach. "Auch in Zukunft werden die Umsätze wachsen, allerdings nur noch um 4,3 Prozent pro Jahr", sagte Höffinger am Donnerstag vor Journalisten. Insgesamt gesehen sind die Asiaten die am stärksten wachsende Gruppe unter den Touristen. Die Anzahl der Gäste aus Asien wächst mit 10 Prozent weiter fast doppelt so schnell wie die übrigen Quellregionen.
Städtetrips und Kultur
Welche Destinationen gerade angesagt
sind, wissen die Studienautoren ebenfalls: Aktuell würden "coole Städte" wie
Hamburg, Amsterdam und Barcelona stark nachgefragt. Ein erfolgreiches Wiener
Beispiel für einen sogenannten "Third Place", also einem Platz zwischen Heim
und Arbeitsplatz, sei das Museumsquartier, das Bildung, Genuss, Kultur und
Chill Out verbindet und jährlich 3,4 Millionen Besucher anzieht. Die
Museumsinsel in Berlin sei bei weitem nicht so belebt.
Mit den Reisegewohnheiten haben sich auch die Reisenden selbst verändert. Die Experten von Arthur D. Little haben beobachtet, dass die Urlauber insgesamt individueller, umweltbewusster, "digitaler", "hybrider", "asiatischer" - und "älter" werden. Der Tourist der Zukunft agiert zunehmend "hybrid": Er fliegt mit einer Billig-Airline in das exklusive Fünf-Sterne-Hotel. Die Devise laute "smarter statt teurer Urlaub". Statt Pauschalpakete im Reisebüro zu ordern, geht es vor Urlaubsantritt ins Internet.