Interview mit Zeugen

9 Österreicher in Horror-Airbus

Teilen

Der Jet verlor auf dem Flug von Singapur nach Sydney Teile des Triebwerks.

Singapur. Pünktlich um 9.56 Uhr startet der Qantas Airbus A380, das größte Passagierflugzeug der Welt, am Donnerstag (Ortszeit) vom Changi Airport in Singapur in Richtung Australien. Die Maschine ist voll besetzt. 459 Passagiere sind an Bord. Dar­unter auch neun Österreicher. Sie kamen aus London, wollen weiter nach Sydney, die Stimmung ist gut: „Nichts hat während des Starts gewackelt, alles war ganz normal“, sagt Ulf Waschbusch (33), einer der Passagiere, zu ÖSTERREICH (siehe Interview): „Bloß vor mir weinten zwei Babys“, schildert er.

Knall
Die Maschine befindet sich noch im Steigflug, taucht gerade aus dem dichten Wolkenmeer, fliegt in Richtung Indonesien: „Plötzlich ein lauter, metallischer Knall von links“, schildert Waschbusch, ein Vielflieger. Der 33-Jährige ist Spieleentwickler, lebt in Singapur.

Waschbusch sitzt in der Economy, direkt über der riesigen Tragfläche des gewaltigen Flugzeuges, schaut auf zwei der insgesamt vier Triebwerke: „Schlagartig war es totenstill im Flugzeug“, schildert er. Der Kapitän meldet sich: „‚Wir haben ein Problem mit einem Triebwerk‘, sagte er völlig cool“, erzählt Waschbusch. Die Durchsage wird mehrmals wiederholt, auch auf Deutsch: „Ganz ruhig sagten sie uns, dass die Maschine jetzt Kerosin ablassen und dann zurück nach Singapur muss“, lobt der 33-Jährige die Qantas-Crew.

Das Protokoll
Der A380 hat vier Motoren, um für solche Fälle gewappnet zu sein. Der Motor des Typs Trent 900 stammt von der britischen Traditionsmarke Rolls-Royce: „Ich sah, wie beim äußersten Triebwerk Teile wegflogen“, beschreibt der Passagier. Waschbusch nimmt seine kleine Kamera und fotografiert: „Irgendwie war das surreal, wie in einem Film. Kurz denkst du, jetzt ist alles aus. Dann beruhigst du dich relativ rasch wieder.“

Die türgroßen Wrackteile, die sich vom hinteren Bereich des Triebwerks lösen und die Waschbusch wegfliegen sieht, landen auf der vorgelagerten indonesischen Insel Bantam. Sie schlagen auf einer Wiese ein, verletzt wird niemand.

Albtraum-Landung
Eineinhalb Stunden kreist die Maschine, um Benzin abzulassen. Vollbetankt ist der Airbus zu schwer für die Landung.
Um 11.56 Uhr setzt der Kapitän das riesige Flugzeug sicher am Changi Airport in Singapur auf: „Wir klatschten, lachten, einige umarmten sich“, sagt Waschbusch, der Albtraum ist vorbei. Die Passagiere, darunter auch die neun Österreicher, werden in Bussen in Hotels gebracht. Heute um 10.30 Uhr geht die Reise weiter.

"Plötzlich ein Knall und ein Ruck …"
Passagier Ulf Waschbusch im ÖSTERREICH-Interview:

"Ich war an Bord der Maschine, saß auf der linken Seite am Fenster, direkt über der Tragfläche, als das Triebwerk explodierte. Fünf, sechs Minuten nach dem Start habe ich plötzlich einen lauten Knall gehört, es gab einen Ruck. Ich sah, wie Teile des Triebwerks ex­plosionsartig nach oben durchbrachen. Sekundenlang war auch Feuer zu sehen. Kurz danach hat der Kapitän durchgesagt, dass wir nach Singapur zurückkehren müssen.

Ich war überrascht, wie ruhig wir alle waren. Es war fast eine Totengräberstille an Bord, anstatt Panik. Surreal, wie im Kino. Die Leute waren angespannt, auch während der eineinhalb Stunden, als wir kreisen mussten, um Kerosin abzulassen. Sonst wären wir viel zu schwer gewesen bei der Landung. Bloß zwei Babys haben geschrien.

Der Kapitän, die gesamte Crew, alle haben einen perfekten Job gemacht. Wir wurden immer informiert, wussten stets, was gerade los ist. Mehrmals kam sogar der Kopilot in den Passagierraum, informierte uns. Es gab auch kein Schütteln oder Rütteln, der Druck ist auch nicht abgefallen. Tränen sind erst gekommen, als wir wieder unten waren."

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.