Präsidentenwahl

Ägypten: Wahlergebnis verzögert sich

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Die Wahl-Kommission will zuerst Manipulationsvorwürfen nachgehen.

 Vor dem Hintergrund wachsender Spannungen im Land hat die ägyptische Wahlkommission die Bekanntgabe des Siegers der Präsidentenwahl auf unbestimmte Zeit verschoben. Man brauche mehr Zeit, um Manipulationsvorwürfen nachzugehen, hieß es am späten Mittwochabend in Kairo. Rund 400 Beschwerden hätten die Lager der beiden Kandidaten nach der Stichwahl am Sonntag eingereicht.

   Ursprünglich sollte das Ergebnis am heutigen Donnerstag verkündet werden. Sowohl der religiös-konservative Mohammed Mursi von der Muslimbruderschaft als auch Ahmed Shafik - ein Vertrauter des gestürzten Präsidenten Hosni Mubarak - beanspruchen den Sieg für sich.

Spannungen wachsen
  Unterdessen wachsen die Spannungen zwischen den verfeindeten Lagern. Anhänger der Muslimbruderschaft demonstrierten auch in der Nacht zum Donnerstag wieder zu Tausenden auf dem zentralen Tahrir-Platz in Kairo gegen die Militärführung, die ein Großteil der Macht an sich gerissen und die Befugnisse des neuen Präsidenten beschnitten hat. Auch die Verschiebung der Bekanntgabe des Wahlsiegers erregte den Zorn der Massen.

   Ein Sprecher der Muslimbruderschaft kritisierte die Entscheidung der Wahlkommission. "Das wird noch mehr Spannung für das Volk bringen", sagte Nader Omran der britischen BBC. Die Muslimbrüder kündigten an, solange auf dem symbolträchtigen Tahrir-Platz bleiben zu wollen, bis ein Wahlsieger verkündet ist. Der Platz im Herzen Kairos gilt als die Wiege der Revolution gegen das Mubarak-Regime.

Alarmbereitschaft
  In Erwartung der Wahlergebnisse waren die Sicherheitskräfte auf beiden Seiten des Suez-Kanals am Mittwoch bereits in Alarmbereitschaft versetzt worden. Ein Sicherheitsbeamter sagte, man bereite sich auf Ausschreitungen enttäuschter Anhänger des unterlegenen Kandidaten vor.

   Optimistisch gab sich Außenminister Mohammed Amr: Sein Land werde diese Übergangszeit meistern und sich anschließend wieder auf wirtschaftliche Fragen konzentrieren, sagte bei einem Treffen mit seinem ungarischen Amtskollegen Janos Martonyi in Kairo.

   Derweil ist der Zustand des im Februar vergangenen Jahres nach Massenprotesten zurückgetretenen Präsidenten Hosni Mubarak weiter kritisch. Er hatte am Dienstag nach Angaben von Ärzten einen Hirnschlag und einen Herzanfall erlitten und liegt seither im künstlichen Koma in einem Kairoer Militärkrankenhaus.

   Der 84-Jährige hatte fast 30 Jahre lang autokratisch über sein Land geherrscht. Anfang Juni wurde er wegen Mitschuld am Tod von mehr als 800 Demonstranten zu lebenslanger Haft verurteilt.

   Ägypten befindet sich in einer politischen Krise, seitdem das Verfassungsgericht am vergangenen Donnerstag das Wahlgesetz weitgehend für ungültig erklärt und damit die Parlamentswahl annulliert hatte. Der regierende Oberste Militärrat hatte daraufhin am Samstag das Parlament für aufgelöst erklärt.

   Am Sonntagabend hatte er sich dann bis zur Wahl eines neuen Parlaments die Kontrolle über die Gesetzgebung und den Haushalt sowie ein Vetorecht bei der Ausarbeitung der neuen Verfassung gesichert.

   Das Militär hatte sich zudem weitgehende Machtbefugnisse gesichert, mit denen die Handlungsfähigkeit eines zukünftigen Präsidenten beträchtlich eingeschränkt wird.

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