Indirekte Aufforderung zur Abesetzung

Biden: "Trump ist nicht amtsfähig"

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 Künftiger Präsident: "Gute Sache", dass scheidender Präsident nicht bei der Amtseinführung dabei ist.

Washington. Der künftige US-Präsident Joe Biden hat sich indirekt hinter die Forderungen nach einer Absetzung von Donald Trump gestellt. Trump sei "völlig amtsunfähig" und eine "Peinlichkeit" für die Vereinigten Staaten, sagte Biden am Freitagnachmittag bei einer Pressekonferenz in Wilmington (US-Staat Delaware). Es sei "eine gute Sache", dass Trump nicht an seiner Amtseinführung am 20. Jänner teilnehmen werde, sagte Biden weiter. Vizepräsident Mike Pence sei hingegen willkommen.

Es sei aber Sache des Kongresses über ein zweites Amtsenthebungsverfahren gegen Trump zu entscheiden, fügte Biden auf eine entsprechende Frage hinzu. Er selbst wolle sich auf die Bekämpfung des Coronavirus konzentrieren. Die Führung der Demokraten im US-Kongress hatte am Donnerstag angekündigt, ein Verfahren zur Amtsenthebung Trumps einleiten zu wollen.

Nach mit den Vorgängen vertrauten Personen könnte das bereits am Montag im Repräsentantenhaus starten. Der republikanische Minderheitsführer in der größeren Parlamentskammer, Kevin McCarthy, sprach sich jedoch bereits gegen ein Impeachment aus, weil dies die Nation weiter spalten würde. Trump wird vorgeworfen, den wütenden Mob, der den US-Kongress am Mittwoch stürmte, angestiftet zu haben.

Trump wird nicht an Amtseinführung teilnehmen

Donald Trump hatte zuvor bekanntgegeben, dass er nicht an der feierlichen Amtseinführung seines Nachfolgers Biden am 20. Jänner teilnehmen werde. Seit Andrew Johnson im Jahr 1869 schwänzte kein Präsident die Amtseinführung seines Nachfolgers. Mit Johnson hat Trump die Erfahrung eines Amtsenthebungsverfahrens gemeinsam.

Trumps Anwesenheit bei der Zeremonie entspräche der politischen Gepflogenheit, sie hat aber keine rechtliche Auswirkung. Biden wird auch ohne den Amtsvorgänger als neuer Präsident vereidigt. Allerdings hatte Trump noch am Donnerstagabend (Ortszeit) in einem Video gesagt, dass er sich auf eine "reibungslose, geordnete und nahtlose" Amtsübergabe zu Biden fokussieren wolle.

Der politische Quereinsteiger Trump hat während seiner Amtszeit laufend gezeigt, dass er sich politischen Konventionen nicht verpflichtet fühlt. Daher sind Beobachter über seine Ankündigung, der Amtseinführung Bidens fernbleiben zu wollen, nicht überrascht. So sagte der Politikwissenschafter Reinhard Heinisch schon unmittelbar nach der Präsidentenwahl der APA, er gehe davon aus, dass Trump nicht an der Inauguration Bidens teilnehmen werde, um seinen Anhängern zu signalisieren: "Ich weiche der Gewalt, ich weiche dem System."

Trump-Anhänger stürmten das Kapitol

Der Präsident ist wegen des Sturms seiner Anhänger auf das Kapitol massiv unter Druck geraten. Die demokratische Führung des Kongresses fordert aufgrund der Vorfälle seine sofortige Entfernung aus dem Amt. Sollte Vizepräsident Mike Pence Trump nicht für amtsunfähig erklären lassen, werde man ein neuerliches Amtsenthebungsverfahren einleiten, hieß es von Parlamentspräsidentin Nancy Pelosi und dem künftigen Mehrheitsführer im Senat, Chuck Schumer, am Donnerstag. Die ranghohe Abgeordnete Katherine Clark sagte am Freitag dem US-Sender CNN, dass die Impeachment-Abstimmung schon Mitte kommender Woche stattfinden könnte.
 
Auch mehrere Republikaner warfen Trump offen vor, er habe den Gewaltausbruch angezettelt. Wegen des Angriffs auf das Kapitol kündigten am Donnerstag gleich zwei Mitglieder von Trumps Kabinett ihren Rücktritt an: Bildungsministerin Betsy DeVos und Verkehrsministerin Elaine Chao. Beide begründeten ihren Schritt mit dem von Trump angestachelten Aufruhr. Chao ist die Ehefrau des Mehrheitsführers der Republikaner im US-Senat, Mitch McConnell.
 
Parlamentspräsidentin Nancy Pelosi bemühte sich indes, einen möglichen Gewaltexzess Trumps in der Schlussphase seiner Amtszeit zu verhindern. Sie habe mit Generalstabschef Mark Milley darüber beraten, einen "instabilen Präsidenten" daran zu hindern, "Militärschläge zu beginnen" oder einen "atomaren Angriff" zu befehlen, sagte Pelosi am Freitag in Washington. Trump ist bis 20. Jänner weiterhin mit allen Befugnissen Präsident und somit auch Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Das Militär kann sich seinen Befehlen streng genommen nicht widersetzen, doch könnte die Militärführung diese hinterfragen oder ihre Ausführung verzögern. Pelosi, die nach Trump und seinem Vize Mike Pence das dritthöchste Staatsamt bekleidet, hat keinerlei Befehlsgewalt gegenüber den Streitkräften.

Fahndungsaufruf des FBIs

Während die US-Bundespolizei FBI einen Fahndungsaufruf mit Fotos der Kapitol-Eindringlinge veröffentlichte und eine Belohnung von 50.000 (40.729,88 Euro) ausschrieb, wurden im Kapitol selbst Computer mit sensiblen Daten vermisst. Ein Mitarbeiter Pelosis teilte am Freitag mit, dass ein Laptop der Parlamentspräsidentin gestohlen worden sei. Auch der drittmächtigste Demokrat in der größeren Parlamentskammer, Mehrheitswhip Jim Clyburn, vermisse sein iPad. Am Freitagnachmittag teilten die Behörden im Staat Arkansas mit, dass sie jenen Mann festgenommen und angeklagt haben, der sich am Mittwoch stolz im Büro Pelosis hatte ablichten lassen - mit einem Fuß auf dem Tisch der Spitzenpolitikerin. Das regionale Justizministerium stellte zudem 14 weitere Anklagen nach Bundesrecht vor. Der stellvertretende Chef des FBI-Büros in Washington, Steven D'Antuono, erklärte, die Ermittlungen würden mit Hunderten Mitarbeitern "rund um die Uhr" fortgesetzt. "Die Ausschreitungen und die Zerstörung, die wir am Mittwoch gesehen haben, werden vom FBI nicht toleriert", sagte er.
 
Trump weigerte sich zwei Monate lang, seine Niederlage bei der Präsidentenwahl anzuerkennen. Stattdessen führte er einen beispiellosen Feldzug gegen den Wahlausgang. Er behauptet, er sei durch massiven Wahlbetrug um den Sieg gebracht worden. Weder er noch seine Anwälte legten aber stichhaltige Beweise dafür vor. Dutzende Klagen des Trump-Lagers wurden von Gerichten abgeschmettert, auch vom Obersten US-Gericht. Trump blockierte auch lange die sonst übliche Kooperation bei der Übergabe der Regierungsgeschäfte in der Übergangsphase zwischen Wahl und Amtseinführung.
 
Noch bis zur offiziellen Zertifizierung der Wahlergebnisse in der Nacht auf Donnerstag (Ortszeit) im Kongress hielt Trump an der Darstellung fest, der Wahlausgang könne umgestürzt werden. Bei einer Großkundgebung stachelte er mit dieser Darstellung auch Anhänger auf, die daraufhin zum Kongresssitz marschierten und diesen stürmten. Erst nach der amtlichen Verkündung des Ergebnisses bei einer Sitzung beider Kongresskammern ließ Trump mitteilen, er werde sich nicht weiter gegen die Machtübergabe an Biden sperren.
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