"Nein ist nein!"

Das taugt das neue Sexualstrafrecht

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Deutschland hat das Sexualstrafrecht verschärft, in Österreich gilt es seit Jahresbeginn.

Sie schrie „Nein!“, doch das nützte ihr nichts: Eine 14-jährige Grazer Schülerin wurde von den beiden Jugendlichen in einem Abstellraum bei der Merkur Arena in Liebenau vergewaltigt. Die Verdächtigen haben den Geschlechtsverkehr zwar gestanden. Dieser sei aber einvernehmlich passiert, sagen sie. Es gilt die Unschuldsvermutung.

„Das Problem in diesen Fällen ist“, analysiert Anwältin Astrid Wagner, „die Beweiswürdigung. Gibt es keine sichtbaren Spuren, gestaltet sich diese schwierig.“

Justiz greift durch

In Österreich wurde das Sexualstrafrecht im Herbst 2015 reformiert, seit 1. Jänner ist es in Kraft. Bis Ende April bearbeiteten die Gerichte österreichweit bereits 439 Fälle wegen sexueller Belästigung und öffentlicher geschlechtlicher Handlungen.

Die Staatsanwälte klagten heuer 127 Verdächtige an

Die meisten Fälle gab es mit 97 in Wien. 127 Mal erhoben Staatsanwälte Anklage – am häufigsten (28 Mal) in Wien, gefolgt von Innsbruck (18) und Linz und Salzburg (jeweils 14 Anklagen).

Geregelt ist in dem Gesetz auch der Tatbestand der „Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung“ (§ 205a). Damit macht sich nicht nur der strafbar, der Sex erzwingt, sondern auch der, der sich über den „erkennbaren Willen des Opfers hinwegsetzt“.

Gegen Angst-Sex

Etwa, wenn ein Mann seine Ehefrau zum Sex zwingt, sie sich aber aus Angst vor Schlägen nicht wehrt: „Wer mit einer Person gegen deren Willen, unter Ausnützung einer Zwangslage den Beischlaf oder eine dem Beischlaf gleichzusetzende Handlung vornimmt, ist mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen.“

Erfolg?

In Deutschland brauchte es den spektakulären Fall Lohfink (siehe oben) und die Übergriffe in der Silvesternacht in Köln, damit das Sexualstrafrecht reformiert wurde. Ob die Gesetzesverschärfung Erfolg bringen wird, werden die kommenden Monate zeigen: „Noch haben wir zu wenig ausjudizierte Fälle“, sagt Juristin Wagner, „um das Gesetz beurteilen zu können.“

Star-Juristin: "Problem ist die Beweisführung"

Für Juristin Astrid Wagner ist das seit Jahresbeginn gültige österreichische Sexualstrafrecht scharf genug. Ein „Nein!“ reicht, um Handlungen, die gegen den erkennbaren Willen des Opfers erfolgen, bestrafen zu können.

Selbst den „Grapsch-Paragrafen“ findet Wagner gut. „Strafbar ist“, heißt es, „wer eine andere Person durch eine intensive Berührung einer der Geschlechtssphäre zuzuordnenden Körperstelle in ihrer Würde verletzt.“

Frage der Beweise. Das Problem sieht Wagner eher in der Beweiswürdigung: „Grundsätzlich ist das Gesetz in Österreich streng ­genug. Problematisch ist aber die Beweiswürdigung, wenn ich ohne sichtbare Spuren oder Zeugenaussagen vor Gericht argumentieren muss.“

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