In der Mongolei soll der Gülen-Anhänger überwältigt und in einen Kleinbus gezerrt worden sein.
In der mongolischen Hauptstadt Ulan Bator hat sich in der Nacht zum Samstag ein politischer Krimi abgespielt. Zeugen und Medien berichteten, der türkische Geheimdienst habe versucht, einen angeblichen Staatsfeind zu entführen, um ihn per Flugzeug in die Türkei zurück zu verfrachten. Nach türkischen Medienberichten soll der Mann ein hochrangiger Anhänger des Predigers Fethullah Gülen sein.
Es handle sich um den Direktor mehrerer mit der Gülen-Bewegung verbundener türkischer Schulen, hieß es in einem Bericht der Zeitung "Sözcü" vom Freitag. Güllen wird vom türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan für den Putschversuch von 2016 verantwortlich gemacht. Die Türkei hat seit dem Putschversuch Zehntausende mutmaßliche Gülen-Anhänger festnehmen lassen - immer wieder auch im Ausland. Berichte gab es unter anderem und zuletzt vergangene Woche aus der Ukraine, dem Kosovo, Aserbaidschan, Gabun, Pakistan und Afghanistan.
Überwältigt und in Kleinbus gezerrt
Die Geschichte habe mit der Entführung des Mannes vor seinem Haus in der mongolischen Hauptstadt Ulan Bator begonnen, sagte ein deutscher Staatsbürger und Freund des Mannes vor Ort der Deutschen Presse-Agentur. Passanten sollen mit dem Handy gefilmt haben, wie er von etwa fünf Männern auf der Straße überwältigt und in einen Kleinbus gezerrt worden sei. Sie seien sofort zur Polizei gegangen und haben das Video gezeigt. Seine Frau habe ihn auf dem Film erkannt. Sofort sei die Fahndung ausgelöst worden.
Wie und wo die mongolische Polizei den Mann fand, blieb unklar. Am späten Abend wurde er von Freunden jedoch auf einer Polizeistation ausfindig gemacht und am Samstag in der Früh dann unverletzt nach Hause gebracht. "Er ist heilfroh und glücklich", sagte der Freund, der ihn nach der Heimkehr getroffen hat. Er stehe nun unter Polizeischutz. Das türkische Flugzeug, das am Flughafen gewartet hatte, verließ die Mongolei am späten Abend ohne den Schuldirektor.
Wussten mongolische Behörden Bescheid?
Ob all das mit Wissen der mongolischen Behörden geschah, ist unklar. Dem "Sözcü"-Bericht zufolge hat der türkische Geheimdienst den Mann in Zusammenarbeit mit dem mongolischen Geheimdienst festgenommen. Einem anderen Bericht zufolge wussten die mongolischen Behörden von nichts und haben erst auf die große öffentliche Aufregung hin die Ausführung des Mannes verhindert. Sicher ist, dass ähnliche Vorfälle öfter dem gleichen Muster folgten: Zuerst gab es einen Staatsbesuch oder anderen hohen diplomatischen Austausch, kurz darauf wurden türkische Staatsbürger abgeschoben oder vom Geheimdienst ausgeflogen.
Der deutsche Mongolei-Experte Julian Dierkes sagte der dpa am Samstag, der Sohn des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan sei laut einem Facebook-Eintrag der türkischen Botschaft in Ulan Bator im Juli zu Besuch gewesen. "In der Mongolei wird nun die große Frage sein: Wer wusste von der Sache oder hat womöglich mit den türkischen Sicherheitsdiensten kooperiert?"