Erstmals wurde der Artikel 7 gegen ein EU-Mitgliedsstaat aktiviert
Die EU-Kommission hat ein Verfahren wegen schwerwiegender Grundrechtsverletzungen gegen Polen eröffnet. Dies teilte die EU-Kommission am Mittwoch in Brüssel mit. Das Verfahren nach Artikel 7 des EU-Vertrags ist bisher noch nie angewandt worden, es kann für Polen bis zu einem Verlust seiner Stimmrechte in der EU führen. Darüber entscheiden allerdings die EU-Staaten.
Die EU-Kommission erklärte, sie habe gehandelt, "um die Justiz-Unabhängigkeit in Polen zu verteidigen". EU-Kommissionsvize Frans Timmermans sagte am Mittwoch in Brüssel: "Nach zwei Jahren kann die Kommission nur schlussfolgern, dass es ein echtes Risiko einer schweren Grundrechtsverletzung gibt."
Die EU-Kommission will Polen aber noch eine Brücke bauen. Sollte Polen die empfohlenen Schritte der EU-Kommission für Justizunabhängigkeit binnen drei Monaten umsetzen, sei die Kommission bereit, ihren Vorschlag für eine Entscheidung der EU-Staaten noch einmal zu überdenken, sagte Timmermans. Die Fortsetzung des Verfahrens und allfällige Sanktionen müssen nämlich von den EU-Staaten beschlossen werden.
Die EU-Kommission habe "schweren Herzens entschieden, Artikel 7 einzuleiten, aber die Tatsachen lassen uns keine andere Wahl", sagte Timmermans. Dies sei aber "keine Nuklearwaffe", wie oft behauptet werde, "das ist nicht der Fall". Seit Juni habe sich die Situation in Polen verschlechtert. Es gehe nicht nur um Polen, sondern um die EU. "Wir tun das für die Bürger in Polen", so Timmermans. Diese hätten ein Recht auf eine unabhängige Justiz.