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Italien: Renzi soll Regierung bilden

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Präsident Napolitano beauftragte Matteo Renzi.

Der designierte italienische Ministerpräsident Matteo Renzi nahm am Montag Gespräche mit prominenten Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Kultur auf, um seine Regierungsmannschaft auf die Beine zu stellen. Medienberichten zufolge bot er dem früheren EU-Kommissionspräsidenten und Ex-Regierungschef Romano Prodi das Finanzministerium an.

Prodi bestritt jedoch Interesse an einem Einstieg in die Regierungsmannschaft des jungen Florentiner Bürgermeisters. Eine Absage erhielt Renzi auch vom Geschäftsführer des Brillenherstellers Luxottica, Andrea Guerra, der als Industrieminister gehandelt wurde

Renzi will einige Persönlichkeiten im Amt bestätigen, die bereits im Kabinett seines Vorgängers Enrico Letta Schlüsselposten besetzt hatten. So soll Außenministerin Emma Bonino auf Wunsch von Präsident Napolitano im Amt bleiben. Auch Innenminister Angelino Alfano könnte sein Ressort behalten, sollte die von ihm angeführte Mitte-Rechts-Partei NDC die Regierungskoalition unterstützen.

Italien: Renzi soll Regierung bilden
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PD-Gremium
Renzi will laut weiteren Gerüchten einige junge Mitglieder seines PD-Gremiums in das neue Kabinett hieven. Seine enge Mitarbeiterin Maria Elena Boschi soll zur Reformenministerin avancieren. Renzis Sprecher Lorenzo Guerrini könnte Staatssekretär werden. Zum Staatssekretär sollte der PD-Spitzenpolitiker und scheidende Regionenminister Graziano Delrio aufrücken, wie italienische Medien berichteten.

Beim Tauziehen um die Ministerposten wird sich der neue Premierminister mit den Koalitionspartnern messen und die Machtverhältnisse im Regierungsbündnis berücksichtigen müssen. So soll Renzis PD mindestens fünf Minister stellen. Die Zentrumspartei Scelta Civica und die verbündete "Popolari per l'Italia" fordern jeweils einen Ministerposten, Alfanos NCD beansprucht zumindest zwei Ministersessel. Nicht auszuschließen ist, dass auch Experten die Regierungsmannschaft ergänzen könnten.

Ambitioniertes Programm
Dem Parlament will sich Renzi mit einem ambitionierten Programm vorstellen, das Italiens lahmer Wirtschaft neuen Schwung verleihen und in Italien eine neue Phase der Reformen in die Wege leiten soll. Neben der Verabschiedung seines Wahlrechtsmodells "Italicum" will Renzi vor allem auf Einsparungen bei den Kosten der Politik setzen. Das Parlamentssystem mit zwei gleichberechtigten Kammern will er dringend reformieren.

Mit seinen 39 Jahren, die er am 11. Jänner gefeiert hat, ist der Senkrechtaufsteiger der italienischen Linken, Matteo Renzi, dabei, zum jüngsten Premierminister der EU aufzurücken. Sollte er anstelle des zurückgetretenen Enrico Letta den Posten des Regierungschefs übernehmen, wäre Renzi der einzige Ministerpräsident in den 27 EU-Mitgliedstaaten, jünger als 40 ist.

Um einen jüngeren Premier in Europa zu finden, muss man außerhalb der EU-Grenzen suchen. In Island amtiert seit drei Monaten Sigmundur Gunnlaugsson, der am 12. März 1975 geboren wurde und damit zwei Monate jünger als Renzi ist.

Rekord
Renzi, der am Montag von Italiens Präsident Giorgio Napolitano mit der Regierungsbildung beauftragt wurde, könnte auch in seiner Heimat Italien einen Rekord aufstellen. Sollte er das Vertrauen des Parlaments erhalten, würde er zum jüngsten italienischen Premier aller Zeiten aufrücken. Er würde sogar den Rekord brechen, den der 1987 zum Premier ernannte Christdemokrat Giovanni Goria aufgestellt hatte. Dieser war mit 43 Jahren zum Ministerpräsidenten avanciert. Für eine Verjüngungskur im römischen Regierungssitz hatte bereits der am Freitag zurückgetretene Letta gesorgt, der im vergangenen April im Alter von 46 Jahren zum Regierungschef avanciert war. Sein Vorgänger Mario Monti war beim Amtsantritt 68 Jahre alt.

Renzi wäre der dritte Premierminister in der republikanischen Geschichte Italiens, der nicht im Parlament sitzt. Lediglich Carlo Azeglio Ciampi im Jahr 1993 und Lamberto Dini 1995 waren zu Ministerpräsidenten aufgerückt, ohne einen Sitz in der Abgeordnetenkammer und im Senat innezuhaben. In beiden Fällen handelte es sich jedoch um Experten, die an der Spitze von Übergangsregierungen eingesetzt worden waren, und nicht um Politiker.

Bei den EU-Gipfeln wird Renzi mit einer Reihe von Regierungschefs zusammentreffen, die wie er in den siebziger Jahren geboren wurden. Ein Jahr älter als der Toskaner ist der maltesische Premierminister Joseph Muscat, der am 22. Jänner 1974 geboren wurde. Weitere junge Ministerpräsidenten sind der Luxemburger Xavier Bettel (geboren am 3. März 1973), der Rumäne Victor Ponta (geboren am 20. September 1972), der Finne Jyrki Katainen (geboren am 14. Oktober 1971), der Tscheche Bohuslav Sobotka (geboren am 23. Oktober 1971) sowie die Slowenin Alenka Bratusek (31. März 1970).

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