Proteste eskalieren

Calexit: Tritt Kalifornien jetzt aus den USA aus?

Wie realistisch ist ein Austritt Kaliforniens wirklich?

Der Streit zwischen der Regierung Trump und Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom ist im Zuge der Proteste gegen die Abschiebepolitik zuletzt eskaliert. "Die Demokratie wird vor unseren Augen angegriffen", sagte Newsom in einer feurigen Rede. "Die Rechtsstaatlichkeit weicht zunehmend der Herrschaft von Don", beklagte der Demokrat in Anspielung auf Trumps Vornamen.

In Los Angeles demonstrieren seit Tagen Menschen gegen Trumps harten Migrationskurs, worauf der Präsident mit der umstrittenen Entsendung Tausender Soldaten reagiert hat. Newsom kritisierte, Trump militarisiere die Straßen von LA, traumatisiere die amerikanische Gemeinde und spalte die Gesellschaft. Mit Blick auf die für das Wochenende geplante große Militärparade in der US-Hauptstadt Washington, parallel zu Trumps Geburtstag, schob Newsom nach: "An diesem Samstag befiehlt er unseren amerikanischen Helden - dem Militär der Vereinigten Staaten - zur Feier seines Geburtstages ein vulgäres Spektakel zu veranstalten, so wie es andere gescheiterte Diktatoren in der Vergangenheit getan haben."

Der Präsident hebele die Gewaltenteilung in den USA aus, habe Aufseher über die Regierung geschasst, die ihn wegen Korruption und Betrug zur Rechenschaft ziehen könnten. Er habe der Kultur und der Wissenschaft den Krieg erklärt, wolle Universitäten vorschreiben, was sie lehren dürfen und nehme Medien und Meinungsfreiheit ins Visier.

Los Angeles
© Getty

Traum vom Calexit

Der Streit reißt alte Gräben zwischen Kalifornien und Washington wieder auf. Viele träumen bereits vom Calexit – also dem Austritt Kaliforniens aus den USA.

Kalifornien verfügt über die größte Wirtschaftsleistung aller 50 Bundesstaaten. Für die Unabhängigkeitsbefürworter wohl der Hauptgrund für eine Abspaltung. "Wir zahlen deutlich mehr ein, als wir erhalten, und dieses Ungleichgewicht muss behoben werden", heißt es auf der Website der "Calexit"-Bewegung, die 2014 von Marcus Ruiz Evans gegründet wurde. Wäre der "Golden State" tatsächlich eine eigenständige Nation, wäre sie immerhin die viert- oder fünftgrößte Volkswirtschaft der Welt.

Neben den wirtschaftlichen gibt es nach Ansicht der "Calexit"-Fans aber auch jede Menge anderer Gründe, die für eine Unabhängigkeit Kaliforniens von den USA sprechen. Kalifornien ist ein ausgesprochen liberaler und progressiver Bundesstaat, besonders in sozialen Fragen, bei Migration, Umweltpolitik und Gesundheitsversorgung. Politisch wie geografisch weit weg von Washington, fühlen sich viele insbesondere von der Trump-Regierung nicht repräsentiert. Die Bevölkerung ist vielfältig und die erfolgreiche Filmindustrie in Hollywood sowie die Tech-Industrie im Silicon Valley tragen zum selbstbewussten Auftreten des Bundesstaates bei. Aber auch "Sicherheitsbedenken" oder die Absicht, sämtliches Land an die Ureinwohner zurückgeben zu wollen, führt die "Calexit"-Bewegung unter den Top-10-Gründen für die Unabhängigkeit an.

Petition mit 500.000 Unterschriften notwendig für Abstimmung 2028

Rund 210.000 Unterschriften haben Ruiz Evans und seine Mitstreiter bereits gesammelt. Damit bei den Wahlen in Kalifornien im Jahr 2028 eine Abstimmung über die Unabhängigkeit stattfinden kann, muss die Bewegung bis 22. Juli 2025 insgesamt auf 546.651 Unterschriften (fünf Prozent der Gesamtstimmen, die im November 2022 für Gouverneur Gavin Newsom abgegeben wurden) kommen. Sollten dann mindestens 50 Prozent der registrierten kalifornischen Wählerinnen und Wähler ihre Stimme abgeben und mindestens 55 Prozent der Teilnehmer mit "Ja" stimmen, wäre dies laut der Kampagne ein "Misstrauensvotum gegen die Vereinigten Staaten von Amerika" und ein "Ausdruck des Willens der kalifornischen Bevölkerung", ein unabhängiger Staat zu werden. Rechtlich bindend wäre das Ergebnis aber nicht.

Verfassung als größte Hürde

Die größte Hürde für das Vorhaben der "Calexiteers" ist sicherlich die US-Verfassung. Sie erlaubt kein einseitiges Ausscheiden, sieht also keinen einfachen Mechanismus für den Austritt eines Bundesstaats vor - nur für die Aufnahme neuer Staaten (Art. IV, Abs. 3). Zwar könnte die Verfassung mit einer Zustimmung von zwei Drittel der Bundesstaaten theoretisch so abgeändert werden, dass eine Sezession einzelner Staaten möglich gemacht wird, doch scheint dies äußerst unrealistisch. "Der Rest" der USA würde Kalifornien "nicht gehen lassen", einer Verfassungsänderung also nicht zustimmen, zeigte sich die Politikwissenschaftlerin Elizabeth Bergman von der California State University gegenüber dem Magazin "Newsweek" überzeugt. Und dass die Separatisten eine Abspaltung Kaliforniens durch einen bewaffneten Konflikt erzwingen, hält Bergman für ausgeschlossen.

Abgesehen von der rechtlich diffizilen Ausgangslage liegt die aktuelle Zustimmung für eine Abspaltung laut einer YouGov-Umfrage vom Februar bei 29 Prozent. Der "Calexit" bleibt also wohl eher eine politische Idee und ein Symbol für die Unzufriedenheit einiger Kalifornierinnen und Kalifornier mit der föderalen Regierung - insbesondere mit der Politik Trumps. Die Diskussion zeigt jedoch deutlich, wie gespalten die politische Landschaft in den USA ist und wie regionale Identitäten und Interessen zunehmend auseinanderdriften.

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