Laut "Washington Post"

NSA zapft auch Google und Yahoo an

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Geheimdienst kann auf Mails von Hunderten Millionen Nutzern zugreifen.

Diese Nachricht betrifft Millionen von Internetnutzern mit Email-Konten. Der US-Geheimdienst NSA hat sich laut einem Zeitungsbericht weltweit heimlich in die Leitungen von Rechenzentren der Internetanbieter Google und Yahoo eingeklinkt. Auf diese Weise sei die Spionagebehörde in der Lage, die Daten von Hunderten Millionen Nutzerkonten abzugreifen, darunter auch von Amerikanern, berichtete die "Washington Post" am Mittwoch unter Berufung auf Dokumente des Informanten Edward Snowden. Die betroffenen Firmen hätten überrascht und besorgt auf die Vorwürfe reagiert.

So funktioniert das Programm Muscular im Detail
Bei dem nun enthüllten Programm "Muscular" geht es den bisher vorliegenden Berichten zufolge um das wahllose Abfangen der Datenströme aus Glasfaserkabeln zwischen den Rechenzentren der Internetkonzerne Google und Yahoo durch die NSA und ihren britischen Partnerdienst GCHQ. Google betreibt weltweit 13 dieser Anlagen, auf denen die Daten von Nutzern und deren Informationsströme verwaltet werden. Die Zentren tauschen ständig gigantische Datenmengen untereinander aus. NSA und GCHQ haben sich angeblich heimlich Zugang zu den Verbindungskabeln verschafft und kopieren Massen unverschlüsselter Daten.

NSA zapft auch Google und Yahoo an
© oe24

So simpel ist der Datenklau mit dem Programm "Muscular": Auf einem einzigen Post-it erklärt. Die NSA konnte offenbar das Verschlüsselungsprotokoll SSL umgehen ("removed here!"). Das soll dieses Snowden-Dokument beweisen. Der Google Front End Server wurde von der NSA angezapft. Dieser ist quasi die Verbindungsstelle zwischen Internet und den Serverhallen des Suchmaschinen-Riesen.

181 Millionen neue Aufzeichnungen in 30 Tagen

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Den NSA-Papieren vom 9. Januar dieses Jahres zufolge schicke die Behörde täglich Daten von internen Google- und Yahoo-Netzwerken in Datenzentren beim NSA-Hauptquartier. In den vorangehenden 30 Tagen seien damals mehr als 181 Millionen neue Aufzeichnungen registriert worden. Dabei habe es sich um Absender- und Empfängerdaten bis hin zu Inhalten wie Text, Tonaufnahmen und Videos gehandelt, schreibt die Zeitung.

Die NSA betreibe gemeinsam mit dem britischen GCHQ ein "ungewöhnlich aggressives" Werkzeug mit dem Namen "Muscular", dass die Daten erschließe. Es unterscheide sich von einem Geheimgericht genehmigten Spähprogramm "Prism", dass den US-Behörden direkten Zugang zur Internetkommunikation über verschiedene Anbieter ermögliche.

Es sei bisher nicht bekannt gewesen, dass die NSA auch routinemäßig gegen US-Unternehmen vorgehe. Sie nutze dabei aus, auf Verbindungen zu Datenzentren außerhalb der USA zuzugreifen, was juristisch einfacher sei. Google etwa betreibe sie in Irland, Finnland, Belgien, Chile oder Singapur.

Google "bekümmert" über Vorwürfe

In einer Mitteilung an die Zeitung habe Google sich "bekümmert" geäußert über die Vorwürfe, "dass die Regierung den Verkehr zwischen unseren Datenzentren abgreift". Dem Unternehmen sei diese Maßnahmen nicht bekannt. "Wir sind seit langem besorgt über die Möglichkeit dieser Art des Ausspähens, weshalb wir weiter die Verschlüsselung über immer mehr Google-Angeboten ausdehnen."

Yahoo sprach in einer Reaktion davon, "strenge Protokolle" zum Schutz von Daten in den Rechenzentren zu haben. Man habe keiner staatlichen Behörde Zugang gegeben. Die NSA hingegen spricht in internen Präsentationen immer davon, Zugang zu haben.

Deutschland will in Handy-Affäre konkrete Zusagen

In der Abhör-Affäre um das Handy der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel dringen Deutschland unterdessen bei US-Präsident Barack Obama auf konkrete Anti-Spionage-Zusagen. Eine Woche nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe wollte eine Delegation aus dem Kanzleramt am Mittwoch in Washington mit engen Mitarbeitern Obamas über Konsequenzen beraten. Zum einen geht es um eine weitere Aufklärung der Vorwürfe. Darüber hinaus verlangt die Bundesregierung von den USA aber auch klare Abmachungen, damit sich die Bespitzelung unter engen Partnern nicht wiederholt.

Bis zum Mittwochabend wurden keine Details zum genauen Zeitpunkt und Inhalt des Treffens bekannt. Zentrale Punkte der NSA-Affäre sind noch immer nicht geklärt. Insbesondere geht es um die Frage, seit wann Obama selbst von der Abhöraktion wusste. Auch in den USA wuchsen die Zweifel, dass der Präsident über die Spionage gegen ausländische Spitzenpolitiker bis vor wenigen Wochen tatsächlich nicht informiert war. Das US-Magazin "Foreign Policy" zitierte Ex-Regierungsvertreter mit den Worten, dies sei "lachhafte" Behauptung.

Die Kanzleramts-Delegation in Washington wird von Merkels wichtigstem außenpolitischen Berater Christoph Heusgen sowie Geheimdienstkoordinator Günter Heiß geführt. Nach Informationen der dpa verlangt die deutsche Bundesregierung von den USA ein Abkommen, mit dem die Amerikaner zusagen, auf die Ausspähung von Regierung, Behörden und diplomatischen Vertretungen zu verzichten. Es gehe auch um die Zusicherung, dass die deutschen Datenschutzregeln und die Privatsphäre der Bundesbürger respektiert würden. Zudem dürfe es kein Ausspionieren ohne Anlass geben - Geheimdienstaktivitäten gegen Terroristen oder Waffenhandel wären damit nicht eingeschränkt.

Auf US-Seite sollten die Nationale Sicherheitsberaterin Susan Rice, Geheimdienstdirektor James Clapper und Obamas Antiterror-Beraterin Lisa Monaco an den Gesprächen teilnehmen. Anfang kommender Woche wollen die Präsidenten von Bundesnachrichtendienst und Bundesamt für Verfassungsschutz, Gerhard Schindler und Hans-Georg Maaßen, in die USA reisen. Es sei ein Treffen mit NSA-Chef Keith Alexander geplant, hieß es in Berlin.
 

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Das Agenten-Nest im Herzen Berlins

Die Spionage-Zelle im Herzen Berlins.

Die US-Botschaft befindet sich ...

... gleich beim Brandenburger-Tor.

Von hier aus soll die NSA ...

... das Handy von Bundeskanzlerin Angela Merkel abgehört haben.

Die Infrarotbilder deuten ...

... auf verstärke Aktivität hin,

da das Gebäude an manchen Teilen deutlich wärmer erscheint.